Vor fünfzig Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, brannten überall in Deutschland Synagogen, wurden jüdische Menschen verfolgt, verletzt und ihr Eigentum zerstört. Dieser große Pogrom, der von den NS-Machthabern den verharmlosenden Namen »Reichskristallnacht« erhielt, war aber keineswegs der Anfang der Judenverfolgung im Dritten Reich, vielmehr war er der erste Höhepunkt und gleichzeitig Auftakt zu noch schlimmeren Grausamkeiten. Am Beispiel der Stadt Warendorf schildert der Historiker Matthias Brömmelhaus in diesem Buch den gesamten Ablauf der antijüdischen Ereignisse von den ersten Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte im April 1933 bis zur Deportation der letzten noch in Warendorf lebenden Juden in das Ghetto Riga im Dezember 1941. An Einzelschicksalen Warendorfer Juden wird verdeutlicht, wie der Lebensraum deutscher Juden nach 1933 von Monat zu Monat eingeengt und ihre materielle Existenz vernichtet wurde. Eine besondere Rolle spielte dabei der Ausschluss der Juden aus dem Wirtschaftsleben, den man auch in Warendorf mit drastischen Mitteln verfolgte. Aufgrund einiger erhaltener Zeugnisse der betroffenen Juden aus dieser Zeit, gelingt es dem Autor, Einblicke in die psychische Not dieser Menschen zu vermitteln. So wird nachvollziehbar, welchen Qualen sie ausgesetzt waren als man ihnen ihr Eigentum raubte, sie in der Öffentlichkeit schikanierte und zum Verlassen ihrer Heimat zwang. Vielen Warendorfer Juden gelang es noch rechtzeitig aus Deutschland auszuwandern. Die anderen teilten das Schicksal von Millionen ihrer Leidensgenossen, sie starben in einem der Konzentrationslager. Das vorläufige Ende der einstmals bedeutenden jüdische Gemeinde Warendorfs markieren die Eintragungen im Melderegister. Auf den Meldekarten der Juden, die von Warendorf deportiert wurden, findet sich der lapidare Satz: »nach unbekannt verzogen.« Dieses Buch will dazu beitragen, dass das Schicksal dieser Menschen nicht unbekannt bleibt und schließlich dem Vergessen anheimfällt.