Seit den Tagen der Apostel bemühen sich Christen um die Bewahrung bzw. Wiederherstellung der Einmütigkeit im Glauben. Der Begriff des consensus ecclesiae, in dem dieses Ideal der in Bekenntnis und Leben einträchtigen Gemeinde seinen geschichtsmächtigen Ausdruck gefunden hat, durchzieht daher wie ein roter Faden die Kirchen- und Theologiegeschichte und begegnet dem Betrachter immer wieder an entscheidenden Wegscheiden der kirchlichen Lehrentwicklung.
Auch im Zeitalter der Reformation, die im Rückblick als ein ungeheurer Konsensbruch erscheint, wurde leidenschaftlich um Übereinstimmung im Glauben gerungen: Sowohl die altgläubige Seite als auch die reformatorische Partei beriefen sich auf den consensus ecclesiae und nahmen für sich so in Anspruch, mit der wahren Kirche in Einklang zu stehen.
Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch, das Konsensverständnis dieser Epoche aufzuzeigen, indem es den Gebrauch des Wortes consensus in den Werken von drei maßgeblichen Autoren des 16. Jahrhunderts, die mehr oder weniger stark vom Renaissancehumanismus geprägt sind und unterschiedlichen konfessionellen Lagern angehören, untersucht. Durch die Analyse des Konsensbegriffs an einem konkreten theologiegeschichtlichen Ort gewinnt das vielschichtige und oft schillernde Wort Konsens so Anschaulichkeit und ergeben sich wertvolle Perspektiven sowohl für den Vorgang der innerkirchlichen Wahrheitsfindung als auch für die ökumenischen Verständigungsprozesse der Gegenwart.