Die Untersuchung beschäftigt sich mit aktuellen Auslegungen sowie der Auslegungsgeschichte der Fürbitte Jesu am Kreuz (Lk 23,34a) "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun". Der Vers Lk 23,34a ist textkritisch nicht eindeutig gesichert und bietet somit immer wieder Anlass, die Ursprünglichkeit und Bedeutung der Fürbitte zu diskutieren. Die Frage nach den Objekten der Fürbitte spielt dabei eine zentrale Rolle. Hat Jesus um Vergebung für die römischen Soldaten gebeten oder um Vergebung für die Juden? Die geläufige Annahme, dass die Fürbitte als ein Gebet für die vermeintlich schuldigen Juden verstanden worden sei, ist Ausgangspunkt für den auslegungsgeschichtlichen Teil der Untersuchung. Da die Fürbitte Jesu am Kreuz jedoch keine "klassische" Belegstelle für eine antijudaistische Lesart des Neuen Testaments ist, stellt sich in Hinblick auf die Auslegungsgeschichte nicht nur die Frage nach einer Rezeption im Rahmen antijudaistischer Argumentation, sondern auch die grundsätzliche Frage, ob und wie die Fürbitte bei den Kirchenschriftstellern und in den Kirchenordnungen rezipiert wurde.Die Untersuchung, in der die Bedeutung der Auslegungsgeschichte für die Antijudaismusforschung herausgestellt wird, zeigt die unterschiedlichen Rezeptionsanlässe und -kontexte der Fürbitte Jesu am Kreuz in der Alten Kirche auf und stellt sie in einen Bezug zu ihrer historisch-kritischen Auslegung.