Speyer war keine NS-Hochburg. Noch im März 1933 fuhr hier die NSDAP bei der Reichstagswahl ihr schlechtestes Ergebnis in einer pfälzischen Stadt ein. Die Domstadt war für die Braunhemden ein schwieriges Pflaster und dennoch gelang den neuen Machthabern eine weitgehend geräuschlose Gleichschaltung von Stadtrat und Verwaltung und eine rasche Ausschaltung der Opposition. Der zunächst noch parteilose Oberbürgermeister Karl Leiling, der bis 1943 im Amt blieb, begrüßte die sogenannte „Machtergreifung“ als „Zeitenwende“. War Speyer am Ende doch nur ein typischer Fall von Anpassung an die veränderten politischen Verhältnisse? Was brachte die Menschen, die zuletzt noch mehrheitlich andere Parteien gewählt hatten dazu, mitzutun? Inwiefern verstanden sie die Veränderungen auf einer ganz alltäglichen Ebene tatsächlich als „Zeitenwende“? Wie erlebten sie das, was sich vor Ort vor aller Augen vollzog: Die Inszenierung von Führung, Gefolgschaft und Gemeinschaft, aber auch die Entrechtung derer, die zu Außenseitern deklariert wurden. Das Buch geht in vielen Facetten der Alltagsgeschichte Speyers im Nationalsozialismus nach und stellt dabei besonders den Ort des Geschehens in den Mittelpunkt.
Inhaltsverzeichnis
Grußwort der Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler
S. V–VI
Angela Borgstedt für die Herausgeberinnen
Einleitung
S. 1–6
I. Die Domstadt und die multiplen Krisen nach dem Ersten Weltkrieg
Dieter Schiffmann
Speyer in der Weimarer Republik. Gesellschaft und Politik zwischen Dynamik und Beharrung
S. 7–46
Christian Führer
Die französische Besatzungszeit in Speyer 1918–1930
S. 47–60
Max Oehlmann
Schlaglicht: Separatismus
S. 61–64
Hans Georg Ripken
Die Wirtschaft Speyers in der Weimarer Republik
S. 65–76
II. Speyer und der Nationalsozialismus: „Machtergreifung“ und Machtkonsolidierung
Franz Maier
NSDAP und NS-Organisationen
S. 77–104
Wilhelm Kreutz
Die „Machtergreifung“ in Speyer
S. 105–120
Max Theobalt
Feindliche Übernahme oder Selbstgleichschaltung? Die Speyerer Stadtverwaltung während der NS-Herrschaft
S. 121–148
Alexander Krause
Schlaglicht: Oberbürgermeister Karl Leiling (1878–1947). Eine ehrwürdige Persönlichkeit der Stadtgeschichte?
S. 149–162
Siegrun Wipfler-Pohl / Lenelotte Möller
Schlaglicht: Sara Lehmann. Im Dienst der Stadt Speyer und der Jüdischen Gemeinde
S. 163–166
Lenelotte Möller
Straßennamen und Nationalsozialismus
S. 167–172
Paul Warmbrunn
Die Speyerer Justiz im Nationalsozialismus
S. 173–192
Miriam Bress
Die frühen Verfolgungen in Speyer. „Schutzhaft“ 1933/1934
S. 193–200
III. Alltag zwischen Anpassung und Distanz
Christiane Pfanz-Sponagel
„Die ‚arische‘ Frau als Hüterin des Volkes und der ‚Rasse‘“. Frauenbild und Frauenorganisationen im Nationalsozialismus
S. 201–212
Hannes Ziegler
Speyerer Schulen im Nationalsozialismus
S. 213–230
Alexander Krause
Schlaglicht: „Der Klassenführer ist kein Spitzel“ – Das Gymnasium am Kaiserdom in der NS-Zeit
S. 231–234
Stefan Endres
Die Hitler-Jugend in Speyer
S. 235–242
Martin Armgart
Schlaglicht: Die Lehrerbildungsanstalt
S. 243–246
Armin Schlechter
Propaganda und Plakate bis 1938
S. 247–258
Thomas Fandel
Konfrontation und Kooperation. Katholische Kirche und NS-Regime in der Dom- und Bischofsstadt Speyer
S. 259–282
Franz Maier
Schlaglicht: Die Planungen für einen nationalsozialistischen Domneubau in Speyer
S. 283–286
Ludger Tekampe
Schlaglicht: Ein vergiftetes Geschenk. Die Gruppe der salischen Kaiser im Domgarten
S. 287–294
Gabriele Stüber
Anpassung – Spaltung – Rückzug: Die protestantische Kirchengemeinde Speyer
S. 295–312
Klaus Bümlein
Schlaglicht: Pfarrer Emil Lind (1890–1976)
S. 313–314
Eberhard Chedron
Schlaglicht: Karl Wilhelm Wien, Pfarrer und Dekan in Speyer (1895–1978)
S. 315–318
Susan Becker
Industrie in Speyer 1933–1945
S. 319–338
Sophia Rishyna
Kunst und Kultur
S. 339–352
Maria Leitmeyer
Schlaglicht: Hans Purrmann (1880–1966)
S. 353–356
Sophia Rishyna
Schlaglicht: Der „Westmarkpreis“
S. 357–360
Armin Schlechter
Schlaglicht: Die Pfälzische Landesbibliothek
S. 361–364
Ludger Tekampe
Schlaglicht: Friedrich Sprater und das Historische Museum der Pfalz in der NS-Zeit
S. 365–368
Kai-Asmus Kaufmann
Entwicklungen im Speyerer Vereinssport von 1933–1938/39
S. 369–396
Hans-Georg Arnold
Schlaglicht: Die Landesversicherungsanstalt im Dienste nationalsozialistischer Rentenpolitik
S. 397–400
IV. Ausgrenzung, Verfolgung und Widerstand
Klaus J. Becker
Zur Zerschlagung der politischen Opposition in Speyer während der NS-Zeit – ein Überblick am Beispiel der Arbeiterbewegung
S. 401–412
Axel Elfert
Schlaglicht: Die Situation der Gewerkschaften 1933
S. 413–414
Karl Fücks
Schlaglicht: Eugen Hartmeyer oder: Wie man versuchte, die Arbeiter mundtot zu machen
S. 415–418
Sabrina Albers
Schlaglicht: Die Steigleiters – eine Familie im Widerstand
S. 419–422
Hannes Ziegler
Schlaglicht: Spendenpakete für Ernst Thälmann. Das Schicksal der linken Widerstandsgruppe „Speyerer Kameradschaft“
S. 423–428
Angela Borgstedt
Orte des Widerstehens in Speyer
S. 429–440
Katrin Hopstock
Schlaglicht: Die Bücherverbrennung in Speyer am 6. Mai 1933
S. 441–444
Stefan Schaupp
Gott fürchten und die Heilige Schrift als „alleinige Wahrheit“ betrachten. Zur Verfolgung der Speyerer Zeugen Jehovas in der NS-Zeit
S. 445–454
Louisa van der Does
„Erbgesundheit“, Zwangssterilisation und „Euthanasie“ in der Stadt Speyer
S. 455–466
Larissa Will
„Die waren halt net so wie die annere.“ Zur Verfolgung „asozialer“ und „gemeinschaftsfremder“ Menschen in Speyer
S. 467–476
Christiane Pfanz-Sponagel
Diskriminierung, Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung der Speyerer Jüdinnen und Juden 1933–39
S. 477–496
Roland Paul (†)
Die Verschleppung der Speyerer Juden nach Gurs und das Schicksal der Deportierten
S. 497–518
Walter Rummel
„… im Interesse des Reiches“. „Arisierung“ in Speyer 1938–1941
S. 519–548
Katrin Hopstock
Schlaglicht: Kantor Benno (Benjamin) Grünberg
S. 549–552
Katrin Hopstock
Schlaglicht: Berthold Böttigheimer – Untergetaucht in Speyer
S. 553–556
Jan Storre
Zwangsarbeit in Speyer während des Zweiten Weltkriegs
S. 557–578
Michael Lauter
Schlaglicht: Die Lebensgeschichte des Josef Kaiser
S. 579–584
V. Die Stadt im Krieg
Christian Führer
Speyer im Zweiten Weltkrieg
S. 585–610
Christian Führer
Das Kriegsende in Speyer
S. 611–622
VI. Speyer und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus
Jana Susanne Müller
Die französische Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Städtischer Alltag zwischen Belastungen und Annäherung
S. 623–638
Jana Susanne Müller
Schlaglicht: Der Speyerer Kreisdelegierte Arnaud de Lamézan
S. 639–640
Angela Borgstedt
Entnazifizierung und strafrechtliche Aufarbeitung des Nationalsozialismus
S. 641–654
Angela Borgstedt
Rehabilitierung, Rückerstattung, Entschädigung und die Frage eines angemessenen Umgangs mit den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung
S. 655–668
Michael Becker
Flüchtlinge, Vertriebene und Kriegsheimkehrer im Speyer der Nachkriegszeit
S. 669–682
Angela Borgstedt
Die Vergangenheit mahnt: Orte des Gedenkens in Speyer
S. 683–692
Klaus J. Becker
Schlaglicht: Vom schwierigen Umgang mit einer Biografie. Das Beispiel Luise Herklotz
S. 693–698
Abkürzungsverzeichnis
S. 699–700
Verzeichnis der genutzten Archive
S. 701–702
Literaturverzeichnis
S. 703–738
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
S. 739–746
Personenverzeichnis
S. 747–756