Kurorte spielten für die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts eine nicht zu unterschätzende Rolle, stellten diese doch einen besonderen, aus dem Alltag herausgehobenen Ort dar: Neben der versprochenen Erholung, ergab sich hier die Möglichkeit für Geselligkeit, Unterhaltung, Politik, Geschäftliches und Inspiration. Im nordwestdeutschen Raum war es insbesondere der für seine Heilwasser berühmte Kurort Pyrmont, der zahlreiche namhafte Gäste anzog und sich damit zu einem der großen Kommunikationszentren der Aufklärung entwickelte.
Mit einem interdisziplinären Zugriff möchte der Sammelband dieser Vielfalt Pyrmonts Rechnung tragen. Dabei fragt der Band nach dem grenzüberschreitenden Potenzial des Kurorts bezogen auf Stand, Geschlecht, Raum sowie Kommunikation und untersucht die Wechselwirkungen dieser Aspekte mit den Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen von Heilung, Geselligkeit und dem Kuren an sich.
Besonders das Heterotopie-Konzept von Michel Foucault bietet hier einen Anknüpfungspunkt, das grenzüberschreitende Potenzial des Kurorts sowohl produktiv zu beschreiben als auch kritisch zu reflektieren. Neben der Betrachtung divergenter Beurteilungen Pyrmonts stellt sich auch die Frage nach literarischen Verfahren der Ästhetisierung und Idealisierung des Kurorts. Letztendlich steht die Frage nach dem Verhältnis zwischen Pyrmont als diskursivem Topos und realem Kurort zur Diskussion.
Karl Piosecka, Studium der Fächer Deutsch und Geschichte sowie der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft an der Leibniz Universität (Hannover), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum IKFN (Osnabrück) im Projekt „Aufklärer in Staatsdiensten“.
Kathleen Burrey, Studium der Fächer Deutsch und Geschichte für das gymnasiale Lehramt an der Universität Osnabrück, Referendariat an einem Gymnasium im Landkreis Osnabrück, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum IKFN (Osnabrück) im Projekt „Aufklärer in Staatsdiensten“.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung • 1
Kathleen Burrey, Karl Piosecka
„… sich einmal in freier Luft auch der Freiheit des Lebens zu erfreuen“: Der teutsche Kurort des 18. und frühen 19. Jahrhunderts als Kommunikationszentrum und Heterotopie • 11
Ute Lotz-Heumann
„In Pyrmont wird der Curgast alle Morgen von einer Hoboistengesellschaft aufgeweckt“.
Kurwelt(en) des 18. Jahrhunderts im Vergleich • 45
Anett Lütteken
Heilwasser und Bewegung. Pyrmonter Naturheilmittel • 71
Dieter Alfter
Das Phänomen ‚Lebenskraft‘ um 1800.
Assoziationen im medizinisch-sozialen Bereich des Kurbades • 89
Reinhild Lohan
H. M. Marcards Beschreibung von Pyrmont
und der Paradigmenwechsel im Kurbaddiskurs der Aufklärung • 117
Astrid Köhler
Kur, Utopie und Überschreitung: das Beispiel Pyrmont • 137
Sandra Markewitz
Schöne Landschaft – ideale Gesellschaft?
Ästhetik und Ethik in Marcards Beschreibung von Pyrmont (1784) • 153
Karl Piosecka
Was den Pyrmonter Kurgästen auf dem Theater geboten wurde.
Vier Momentaufnahmen von 1669 bis 1801 • 177
Martin Rector
Jenny von Voigts, geb. Möser (1749–1814) in Pyrmont –
„bey vielen der Gegenstand der Anmerckungen“ • 199
Brigitte Erker
Kuraufenthalte als Teil aufklärerischer Geselligkeit?
Justus Mösers Reisen nach Pyrmont • 235
Jennifer Staar
Pyrmont als Ort der Inspiration:
Justus Mösers aufklärerisches Projekt
‚Strumpfstricken‘ im Osnabrücker Zuchthaus • 251
Kathleen Burrey
Bildnachweis • 271
Autorinnen und Autoren • 272
Register • 273