Mit seinen 22 Beiträgen gibt der Tagungsband erstmalig einen kritischen Rück- und Überblick auf Theorie und Realität des landwirtschaftlichen Bauens in Nordwestdeutschland. Westfalen und Niedersachsen stehen im Mittelpunkt, jedoch lässt besonders der mit fünf Beiträgen umfassende Vergleich mit den Verhältnissen in den Niederlanden die Besonderheiten der Entwicklung im einstigen Verbreitungsgebiet des niederdeutschen Hallenhauses hervortreten. Während dort im Rahmen von Polderbebauung und Wiederaufbau fortlaufend eine Modernisierung der Bauernhöfe in Material und Typ vorgenommen wurden, waren in Deutschland ideologische Vorgaben dominant. Die Forderungen der Heimatschutzbewegung nach „landschaftsgebundenem Bauen“ und die „Blut-und-Boden“-Ideologie des Nationalsozialismus führen zu einer Wiederbelebung des Hallenhauses, die erst Mitte der 1950er Jahre mit einer abrupten Anwendung neuester Erkenntnisse der Bauwirtschaft und aktueller Erfordernisse der landwirtschaftlichen Produktion endet. Das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne bestimmen nicht nur Architekten, sondern formulieren auch die verschiedenen Kräfte der NSDAP und ihrer „Massenorganisationen“. Eine gewichtige Stellung erlangen auch die Hausforschung mit der Ermittlung und die Freilichtmuseen (Neugründung des Museumsdorfes Cloppenburg 1933/34) mit der Bewahrung der traditionellen Bauformen.Der Zugriff der 22 Aufsätze reicht von der Vorstellung einzelner Bauernhofneubauten über regionale Zusammenschauen bis zur Darstellung des Lebenswerks einzelner Protagonisten, wie der niederländischen Architekten Hendrik Jan van Houten und Jan Jans sowie des westfälischen Baupflegers Gustav Wolf.