Kann man den Griechen trauen? Die Frage nach der Umsetzbarkeit von Rettungspaketen für sog. europäische Krisenländer wird in jüngster Zeit mit großer Regelmäßigkeit neu gestellt. Kaum jemand bemerkt dabei das Vokabular, das sich um den Terminus „sparen“ rankt und oftmals ethische Konnotation enthält: Sparpakete sollen ganze Nationen vor dem wirtschaftlichen Untergang bewahren, sie beinhalten sog. Sparauflagen und werden von Seiten der Betroffenen oftmals als Spardiktat gesehen, das die Freiheit des Einzelnen prekär beschneide.
Offenkundig besitzt die vielmals totgesagte Rede vom „Sparen“ ein Diskussionspotenzial, das die Ethik bislang unbeachtet gelassen hat, obwohl der fundamentalethische Kern des Freiheitsdiskurses ganz wesentlich berührt wird. Gleichzeitig wird mit der Vertrauensfrage der individualethische Bereich der konsequent realisierten Haltung berührt, den die Tugendethik aufnimmt.
Die vorliegende Untersuchung will aus theologischer Perspektive diesen längst fälligen Diskurs um das Sparen tugendethisch eröffnen, indem sie auf die oikonomische Tradition der Ethik des Hauses verweist und diese für ein aktualisiertes Verständnis von „Sparsamkeit“ fruchtbar zu machen versucht. Damit ist ein solches - auch normativ dimensioniertes - Tugendkonzept mehr als eine bloße Fußnote zur alles dominierenden Nachhaltigkeitsdebatte.
Über den Autor
Rudolf Branko Hein O.Praem., geb. 1967, Studium der Kath. Theologie in Münster und London, seit 1992 Prämonstratenser von Hamborn, 1999 Promotion und Priesterweihe, seitdem im Seelsorgsdienst in Duisburg-Hamborn (seit 2005 als Krankenhausseelsorger), zeitgleich seit 2011 Wiss. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Moraltheologie an der WWU Münster, 2014 Habilitation. Seitdem Lehrstuhlvertreter für Moraltheologie an der Kath.-Theologischen Fakultät in Münster sowie Lehrbeauftragter an der PTH Münster.
Inhaltsverzeichnis
1. Sparsamkeit - abgewirtschaftete „Sekundärtugend“?
2. Wiederentdeckung der Ethik des Hauses (Oikonomik) im theol. Kontext
3. Von den Griechen sparen lernen