Der Offene Theismus bzw. Open Theism erfuhr in den letzten Jahren wachsende Aufmerksamkeit in der systematisch-theologischen Debatte. In dieser Studie werden nach kurzer Beleuchtung seiner Hintergründe diejenigen Inhalte dieser Denkrichtung behandelt, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Freiheit haben. Hierzu zählen neben dem libertarischen Freiheitsbegriff selbst etwa Allmacht, Allwissenheit und Zeitlichkeit Gottes.
Damit ist der Weg für anschließende Überlegungen bereitet, die sich auf das zweibändige Werk „Theologische Anthropologie“ des Münsteraner Theologen Thomas Pröpper beziehen: auch er macht den Begriff der Freiheit in seinem theologischen Denken stark und zieht entsprechende Konsequenzen. Diese werden vor dem Hintergrund der Gesamtanlage seines Werks kursorisch referiert und einer Analyse zugeführt.
Ein besonderer Akzent liegt auf der Frage, ob und wie die Überlegungen des Open Theism in (theologisch-)anthropologischer Hinsicht eingelöst werden können. Hierzu wird er mit dem Denken Pröppers in ein Gespräch gebracht, um zuzusehen, ob sich neue Betrachtungsweisen ergeben: wie muss der im Open Theism häufig begegnende Begriff des Risikos bewertet werden? Welche Auswirkungen ergeben sich in gnadentheologischer und eschatologischer Hinsicht? Worin besteht der „freiheitlich-systematische“ Gesamtzusammenhang zwischen Open Theism und dem Denken von Thomas Pröpper?
Über den Autor
André Hille, geb. 1988 in Ahlen (Westf.), studierte ab 2007 katholische Theologie und lateinische Philologie an der WWU Münster. 2013 erlangte er das Diplom mit einer Studie zum Theodizeeproblem. Von 2016–2018 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Theologischen Fakultät Paderborn.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
I. Einleitung: Annäherung an die Thematik und Klärung des Vorhabens • 11
I.1 Ein zu bearbeitendes Desiderat • 15
I.2 Inhaltlicher Vorausblick • 20
I.3 Das konkrete Vorhaben • 21
II. Nachdenken über Freiheit im Open Theism • 25
II.1 Grundanliegen des Open Theism • 25
II.1.1 Profilskizze • 27
II.1.2 Biblische Vergewisserung • 29
II.1.3 Historische Spuren • 32
II.1.4 Die antike Philosophie als Last für den Open Theism • 36
II.2 Implikate einer freiheitlich-personalen Beziehung mit Gott • 39
II.2.1 Der libertarische Freiheitsbegriff –
und eine besondere Akzentsetzung • 42
II.2.1.1 Die Voraussetzung des Anderskönnens • 44
II.2.1.2 Die Intelligibilität des Entscheidens • 52
II.2.1.3 Die Urheberschaft des Akteurs • 55
II.2.2 Personalität Gottes • 58
II.3 Freiheit und Allmacht Gottes • 59
II.3.1 Eine Konzession an die Prozesstheologie • 61
II.3.2 Bezug zum Theodizeeproblem • 62
II.3.3 Inhaltliche Akzentverschiebungen des
Allmachtsbegriffs im Open Theism • 68
II.3.3.1 Abgrenzungen und Klarstellungen • 69
II.3.3.2 Göttliche Allmacht als Omnikompetenz • 73
II.4 Freiheit und Allwissenheit Gottes • 76
II.4.1 Das göttliche Wissen um die Zukunft • 81
II.4.2 Die dynamische Allwissenheit Gottes • 85
II.4.3 Gottes Allwissenheit als seine Allweisheit • 86
II.4.4 Freiheit und Zeitlichkeit Gottes • 88
II.5 Freiheit und Unveränderlichkeit • 94
II.5.1 Unveränderlichkeit als „changeable faithfulness“ • 98
II.5.2 Give-and-take relationships • 103
II.6 Freiheit als Risiko Gottes • 104
II.6.1 Der Zusammenhang von gewährter Freiheit und Risiko • 105
II.6.2 Bedingungen zur Ermöglichung einer freiheitlichen
Beziehung • 111
II.6.3 Schöpfung als Risiko Gottes:
Genitivus subiectivus oder obiectivus? • 120
II.6.4 Bezug zur Eschatologie • 124
II.7 Zusammenfassung und offene Fragen • 127
III. Nachdenken über Freiheit im Denken von Thomas Pröpper • 135
III.1 Die Theologische Anthropologie als Referenzpunkt
für die Fragestellung dieser Studie • 136
III.2 Zusammenhang zwischen Inhalt und
Aufbau der Theologischen Anthropologie • 137
III.3 Theologische Einsicht und philosophische Vergewisserung –
Erster Teilband der Theologischen Anthropologie • 138
III.3.1 Psalm 8,5 als Fluchtpunkt der Theologischen Anthropologie • 140
III.3.2 Die menschliche Bestimmung zur Gottesgemeinschaft
als Gottebenbildlichkeit • 163
III.3.2.1 Hinführende Vorbemerkungen zur Gottebenbildlichkeit • 164
III.3.2.2 Der inhaltliche Kern der Gottebenbildlichkeit • 175
III.3.3 Die Einlösung der bisherigen Erträge • 190
III.3.3.1 Annäherung an eine Denkform • 201
III.3.3.2 Transzendentallogische Fundierung • 209
III.3.3.2.1 Vorbemerkungen • 210
III.3.3.2.2 Die transzendentallogische Erkenntnisstruktur • 211
III.3.3.2.3 Die egologische Bewusstseinsstruktur
und das transzendentale Ich • 215
III.3.3.2.4 Retroszendenz und Gehalt • 219
III.3.3.2.5 Wahrnehmen und transzendentaler
Charakter • 219
III.3.3.3 Der Möglichkeitsaufweis und seine exemplarische
Erprobung an drei „essentials“ • 222
III.3.3.3.1 Geschichts- und Offenbarungshandeln • 235
III.3.3.3.2 Schöpfungshandeln • 237
III.3.3.3.3 Eschatologisches Handeln • 238
III.3.3.4 Der Relevanzaufweis christlicher Grundwahrheit • 240
III.4 Aufnahme des Erreichten und synthetische Neudeutung –
Zweiter Teilband der Theologischen Anthropologie • 253
III.4.1 Grundlegendes zur Lehre von der Sünde • 254
III.4.2 Sünde und Schuld, Glaube und Ethik –
ein symmetrisches Verhältnis? • 260
III.4.3 Selbstmitteilung Gottes als Geschichte Jesu
und Wirken des Heiligen Geistes • 267
III.4.3.1 Jesu Lebensweg als Gottes Selbstoffenbarung • 268
III.4.3.2 Der Heilige Geist im Geschehen von Gottes
Selbstoffenbarung • 278
III.4.3.3 Die Entsprechung von eschatologischer Gnade
und ökonomischer Trinität • 284
III.4.4 Plädoyer für eine nicht unfehlbar wirksame Gnade
(Michael Greiner) • 289
III.4.4.1 Geschichtlicher Abriss zur Problemgeschichte
des Gnadenstreits • 289
III.4.4.2 Zur bleibenden Relevanz des Gnadenstreits
und der Aussicht auf seine Lösung • 306
III.4.5 Freiheit in eschatologischer Konsequenz (Magnus Striet) • 322
III.4.5.1 Literarische Beispiele als Zugang zur Problemstellung • 325
III.4.5.2 Zur Möglichkeit einer Selbstrechtfertigung
Gottes • 330
III.4.5.3 Gottes Wartenkönnen als Ausdruck seiner
Treue und Gnade • 332
III.5 Das Pröppersche Freiheitsdenken – ein Gottesbeweis? • 335
IV. Konvergenzen und Divergenzen im Nachdenken über Freiheit • 343
IV.1 Ein Punkt der Übereinkunft • 345
IV.2 Ein gemeinsamer Abstoßpunkt –
ein gemeinsames Anliegen? • 346
IV.3 Zum Freiheitsbegriff beider Konzeptionen • 349
IV.3.1 Die Verdanktheit der Freiheit • 356
IV.3.2 Die Ansprechbarkeit des Menschen zur Gemeinschaft
mit Gott • 359
IV.4 Gott als Risk-Taker? Die Bedeutung der Geschichte • 367
IV.4.1 Die Bedeutung des Möglichkeitsaufweises für den
Open Theism • 370
IV.4.2 Drei „essentials“ der Theologie als
Anknüpfungspunkt für den Open Theism • 373
IV.4.2.1 Allmacht und geschichtliches Handeln Gottes • 373
IV.4.2.2 Gottes Schöpfungshandeln • 380
IV.4.2.3 Eschatologie / Rettung im Tod • 381
IV.4.3 Die Bedeutung des Relevanzaufweises für den Open Theism • 381
IV.4.4 Das Risiko einer „fehlbaren“ Gnade (Greiner) • 385
IV.4.5 Das Risiko der eschatologischen Freiheit (Striet) • 391
IV.4.5.1 Eine vorschnelle Lösung • 393
IV.4.5.2 Lösungsvorschlag für das eschatologische
Freiheitsproblem • 395
IV.5 Eine vorläufige Bündelung des Ertrags • 402
IV.6 Die Metapher des Schachspiels nach Peter Geach • 405
IV.7 Ein alternatives Bild der Beziehung zwischen Gott und Mensch • 409
V. Fazit der Arbeit – Ergebnissicherung und Ausblick • 411
V.1 Zur Systematisierung der Ergebnisse • 415
V.2 Eine dreifache Differenzierung • 415
V.2.1 Kritisch-identifizierend • 415
V.2.2 Explikativ-stützend • 417
V.2.3 Rezeptiv-weiterführend • 419
V.3 Offengebliebene Fragen • 420
V.3.1 Die Frage nach der trinitätstheologischen Verortung • 421
V.3.2 Die Frage nach den praktischen Konsequenzen • 423
V.4 Ausblick • 424
V.4.1 Gegen den Verdacht eines Anthropomorphismus • 424
V.4.2 Gegen den Verdacht eines „deus ridiculus“ • 427
V.4.3 Gegen den Verdacht eines „zockenden“ Gottes • 430
V.4.4 Zur Möglichkeit eines weiteren Diskurses
und zur Neubewertung des OT • 431
V.4.5 Schlusswort • 436
VI. Literaturverzeichnis • 439
Patristische und mittelalterliche Quellen • 439
Internetquellen • 440
Kirchenamtliche Dokumente und Quellensammlungen • 440
Sonstige Literatur • 440