Ein Schiff, das zur Abfahrt bereit ist, ankert am Ufer. Davor steht ein Liebespaar und verabschiedet sich wortreich unter Tränen. Schließlich ruft der Steuermann die noch zögernde Frau und das Schiff segelt fort. Der Blick der Frau richtet sich von Bord aus auf das Ufer und sie sieht, wie die Küste immer kleiner wird.
Diese hier skizzierte Szene ist eine typische Abschiedsszene, die sich im Epos des Silius Italicus wiederfindet. Abschiedsszenen haben eine lange Tradition im griechischen und lateinischen Epos, wie die vorliegende Studie veranschaulicht: Der Fokus richtet sich hierbei auf den Abschied als literarisches Motiv, auf Abschiedsszenen, die Teil der Erzählung im lateinischen Epos sind und die sich unter Liebenden zutragen. Der Aufbau einer solchen Szene mit der Szenerie und den Dialogen der Abschiednehmenden sowie die narratologische Umsetzung sind Faktoren, die genauer betrachtet werden.
Zunächst werden Abschiedsszenen aus den Epen von Vergil, Ovid, Lucan, Valerius Flaccus, Statius und Silius Italicus untersucht; auch ein Überblick über Abschiede im griechischen Epos und ein Ausblick in die Spätantike werden gegeben. Anschließend werden wiederkehrende Strukturelemente (nonverbale Handlungen) und Motive innerhalb der Figurenreden herausgearbeitet.
Über den Autor
Angela Jöne studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Lateinische Philologie, Biologie und Niederländische Philologie. Nach Abschluss des Ersten Staatsexamens für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen arbeitete sie zunächst als Lehrkraft für besondere Aufgaben und anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Latinistik des Instituts für Klassische Philologie der WWU Münster. Im Sommersemester 2015 erfolgte die Promotion. Mit Abschluss des Referendariats ist sie Lehrerin an einem Gymnasium in NRW.