Reims, 25. Oktober 1722: In der Cathedrale Notre
Dame wird der 12-jährige Louis XV zum König von
Frankreich geweiht. Das traditionelle Zeremoniell, vor
allem die Salbung mit dem in der Heiligen Ampulle
verwahrten »Himmelsöl«, machen den» Königvon Blut
und Rechts wegen<< erst zum Nachfolger Chlodwigs,
zum Garanten und Repräsentanten der >>alliance<< Gottes
mit Frankreich, zum Ebenbild der alttestamentarischen
Könige, zum Haupt und Lenker der gallikanischen
Kirche.
Aufgabe und Anspruch des vorliegenden Bandes ist es,
gerade für die in dieser Hinsicht ansonsten eher stiefmütterlich
behandelte Frühe Neuzeit Bedeutung und
Wert von monarchischem Zeremoniell und monarchischer
Tradition zu illustrieren. In welcher Weise prägt
ein vermeintlich mittelalterliches und vormodernes
heilsgeschichtliches Verständnis Zeit und Denken des
frühen 18. Jahrhunderts? In wie weit ist der liturgischzeremonielle
Akt der Königsweihe sinnbildlich, nja fundamental für das
Verständnis der französischen Monarchie selbst?
Eine in drei große Abschnitte gegliederte Untersuchung
versucht Antworten auf diese grundlegenden
Fragen . zu geben. Dabei wird die Liturgie
des Sacre erstmals einer interdisziplinären, zeremonial-,
Iiturgie-, geistes-und musikwissenschaftliche Ansätze einschließenden Analyse
unterzogen und ebenso erstmals der gesamte Text