In der römischen Literatur des 1. vorchristlichen Jahrhunderts werden vermehrt religiöse, militärische und politische Rollen auf innovative Weise für die literarische Selbstinszenierung des Autors in Anspruch genommen. Vergil, Horaz und Properz lassen ihre Sprecher als pontifex, vates, auspex oder auch als imperator oder princeps auftreten. Im selbstreflexiven Entwurf ihrer Rollen analysieren sie Strategien, mit denen gesellschaftliche Akteure öffentlich Autorität begründen. Wie Analysen von Vergils Eklogen, den Oden des Horaz und den Elegien des Properz zeigen, lässt sich Autorschaft als Summe aller Motive definieren, die eine kohärenzstiftende und legitimierende Wirkung entfalten: In welchen Abhängigkeiten steht ein Autor? Inwiefern wird er als rechtliches Subjekt, als Person öffentlichen Interesses, als biographisch fassbares Individuum, als Vertreter einer Berufsgruppe oder als Figur im Text für die Autorität der Werke relevant? Am Beispiel der Eklogen, Oden und Elegien wird gezeigt, auf welche Weise Literatur politische und religiöse Legitimationsstrategien unter Augustus sichtbar macht und sie für eigene Zwecke zu nutzen weiß.
Über den Autor
Meike Kimmel, Dr. theol., M.A., hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Exzellenzcluster „Religion und Politik“ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gearbeitet. Seit 2011 ist sie im Schuldienst des Landes Berlin tätig.