Der Ritteradel besaß in den frühneuzeitlichen Territorien Nordwestdeutschlands eine Bedeutung wie in kaum einer anderen Region des Alten Reiches. Seine - neben den Domkapiteln - zentrale, zudem verfassungsrechtlich verankerte Machtbasis waren die Ritterschaften, die aus Vertretern des ritterbürtigen Adels bestanden. Auf den Landtagen traten diese Ritterschaften der Landesherrschaft als Verhandlungspartner gegenüber. Angesichts der Bedeutung dieser Adelskorporationen überrascht es, dass über die innere Struktur der Ritterschaften bislang vergleichsweise wenig bekannt ist.
Die vorliegende Studie untersucht am Beispiel der Ritterschaft des kurkölnischen Herzogtums Westfalen die Zusammensetzung, das Handeln und die interne Entwicklung einer solchen Adelskurie. Behandelt wird die Zeit zwischen dem Westfälischen Frieden und der Säkularisation, so dass auch langfristige Veränderungen erkennbar werden. Deutlich wird dabei, dass die herzoglich-westfälische Ritterschaft das Zugangskriterium der Ritterbürtigkeitkeit rigide handhabte, allerdings auch Ausnahmen zuließ. In den eineinhalb Jahrhunderten nach Einführung der Sechzehnanhenprobe umfasste die Ritterschaft immer weniger Familien, die Zahl der Angehörigen dieser Korporation blieb aber - anders als bisher angenommen - weitgehend konstant.
Am Ende des 18. Jahrhundert war die Ritterschaft des Herzogtums Westfalen noch immer eine ebenso standesbewusste wie handlungsfähige adelige Korporation, wenn gleich ihr Aufnahmeverfahren und ihre privilegierte Stellung zunehmen unter Druck gerieten. Die Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des ritterbürtigen Adels der Frühen Neuzeit und seiner Einbindung in die politische und soziale Lebenswelt.