Nach welchen Überlegungen und auf Basis welcher Strukturen und Mechanismen gestalteten frühneuzeitliche Verwaltungen ihre Verfahren? Am Beispiel der landesherrlichen Visitation (1574 bis 1774) untersucht Birgit Näther in ihrer Studie, wie bayerische Mittelbehörden dieses Verfahren einführten und welche Gestaltungsspielräume sie nutzten, wie Routinen und Ziele der Visitation entwickelt und überprüft wurden und welche Bedeutung der Verschriftlichung des Verfahrens zukam.
Die Autorin plädiert in ihrer Arbeit dafür, das Handeln frühneuzeitlicher Verwaltungen jenseits der gängigen Annahmen zur zunehmenden Rationalität und forcierten hierarchischen Bindung zu deuten: Anordnungen wurden auf der Basis von Akten entworfen, Verfahrensziele ohne abstrakte Analyse verändert, Informationserhebungen zum Selbstzweck erhoben und Akten zur administrativen (Selbst-)Inszenierung genutzt.
Die organisationstheoretisch geschulte Auswertung des umfangreichen empirischen Materials eröffnet neue, facettenreiche Perspektiven auf ein Thema, das für Politik-, Kultur-, Rechts- und Landeshistoriker gleichermaßen von Interesse ist.
Über den Autor
Birgit Näther arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin. Sie studierte Geschichte, Philosophie, Politikwissenschaft und Evangelische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und erarbeitete ihre Dissertation im Rahmen des DFG-Projekts 'Herrschaftsvermittlung in der Frühen Neuzeit (1650-1800)' an der Universität Duisburg-Essen.