Gewalt im Islam – dieses Thema entfacht seit Langem leidenschaftliche Debatten auf allen Ebenen. Dazu liefert diese Studie jetzt einen wissenschaftlichen Beitrag mit höchst bemerkens werten Erträgen: Pohlmann kommt zu dem Ergebnis, dass die Textbereiche und Textfolgen zum Themenkomplex »Militanz und Antimilitanz im Koran« eine Konfl iktkonstellation innerhalb der koranischen Gemeinde nach dem Tod des »Gesandten« widerspiegeln. Die Militanz propagierenden Passagen im Koran sind späte Interpolationen und kollidieren als ein »Fremdkörper« mit der Grundkonzeption koranischer Frömmigkeit. Ihre Autoren haben bereits die kriegerischen Entwicklungen auf der arabischen Halbinsel nach dem Rückzug der byzantinischen Ordnungsmacht im Blick. Ihre Textprodukte zielen letztlich darauf ab, den koranischen Glauben samt der entsprechenden friedfertigen Frömmigkeitspraxis zu einer Herrschaft stabilisierenden sowie Macht und Gewalt legitimierenden Religion, zur Religion eines zu organisierenden Imperiums umzugestalten. Bekanntlich wird der gesamte Inhalt des Korans muslimischerseits bislang ausnahmslos von Mohammed hergeleitet. Dass dies keinesfalls stimmen muss, legt Pohlmann in dieser Untersuchung dar. Er wendet wie bereits in seinem früheren Band über »Die Entstehung des Korans« konsequent den Methodenapparat historischkritischer Textanalysen an, wie das in der heutigen Bibelwissenschaft Standard ist, in den sogenannten westlichen akademischen Koranwissenschaften dagegen noch eher eine Seltenheit.
Über den Autor
Karl-Friedrich Pohlmann (geb. 1941) ist Professor (a.D.) für das Fachgebiet „Alttestamentliche Wissenschaft“ an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Zahlreiche Veröffentlichungen zu seinem Spezialgebiet der prophetischen Literatur. Zum Koran liegt bereits der inzwischen in 3. Auflage erschienene Band „Die Entstehung des Korans“ vor.