Der sogenannte Fürstenaufstand von 1552, die Erhebung einiger mit Frankreich verbündeter Reichsstände gegen Kaiser Karl V., stellt in der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches ein Spezifikum dar, das sowohl Zeitgenossen als auch Nachwelt in vielfältiger Weise beschäftigte. Diesem Faszinosum trägt der vorliegende Sammelband Rechnung, indem er einige ausgewählte Aspekte untersucht. Historikerinnen und Historiker aus Deutschland und Österreich thematisieren offene Fragen zu Ursachen, rechtlichen wie strukturellen Rahmenbedingungen, Ereignissen sowie deren Nachwirkung. Die wichtigsten beteiligten Personen werden vorgestellt: neben Karl V. und seinem Bruder Ferdinand I. natürlich Moritz von Sachsen selbst sowie der in der Forschung wenig beachtete Markgraf Albrecht (Alkibiades) von Brandenburg-Kulmbach. Der bisher ebenfalls kaum analysierten Beziehung zwischen dem sächsischen Kurfürsten und Ercole II. d'Este, Herzog von Ferrara, widmet sich ein eigener Beitrag. In bezug auf Kurfürst Moritz interessiert besonders die Frage, über welche finanziellen Ressourcen er verfügte, nicht zuletzt um seinen „Fürstenzug“ Realität werden lassen zu können. In militärgeschichtlicher Hinsicht steht Tirol im Mittelpunkt: Der völlig gescheiterte Abwehrversuch von Grafschaft und kaiserlichen Truppen an der Ehrenberger Klause sowie die dadurch verursachte Flucht des Kaisers von Innsbruck nach Villach werden ebenso behandelt wie die Plünderung des Klosters Stams – Grablege der Tiroler Landesfürsten – aus rezeptionsgeschichtlicher Perspektive. Ferner wird der „Fürstenkrieg“ per se anhand der zeitgenössischen Diskussion rund um Fragen frühneuzeitlicher Neutralität verortet. Moritz von Sachsen, als „Judas von Meißen“, aber auch „Retter des Protestantismus“ apostrophiert, hat in bezug auf Charakter und staatsmännische Fähigkeiten die öffentliche Meinung in Deutschland über die Jahrhunderte gespalten: Die Beurteilung seiner Person und Politik wird anhand ausgewählter Beispiele populärer Geschichtsschreibung erörtert. So beleuchtet dieser Band instruktive, bisher weniger beachtete Aspekte zum Fürstenaufstand des Jahres 1552.
Inhaltsverzeichnis
Martina Fuchs / Robert Rebitsch
Einleitung
S. 1–8
Axel Gotthard
Frühe „neutralitet“. Der Fürstenkrieg in einer Archäologie des Neutralitätsrechts
S. 9–32
Ernst Laubach
Kooperation und Kollision: Karl V. und Ferdinand (I.) zwischen Augsburger Reichstag (1547/48) und Fürstenaufstand. Eine Skizze
S. 33–50
Christian Winter
Kurfürst Moritz von Sachsen als Haupt der reichsständischen Opposition gegen Kaiser Karl V.
S. 51–70
Uwe Schirmer
Die Finanzierung der Fürstenrebellion aus kursächsischer Perspektive. Kurfürst Moritz zwischen militärpolitischem Agieren und finanzpolitischen Strukturen (1549/50–1553)
S. 71–82
Elena Taddei
Moritz von Sachsen und Ercole II. d'Este: Die Beziehungen zwischen Sachsen und Ferrara während des Fürstenaufstandes von 1552
S. 83–98
Andrea Badea
„Es trieb ihn längst zum Krieg in der Unruhe seines Geistes“. Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach und der Fürstenaufstand
S. 99–118
Robert Rebitsch
Der Kaiser auf der Flucht. Die militärische Niederlage Karls V. gegen die deutsche Fürstenopposition im Jahre 1552
S. 119–138
Romedio Schmitz-Esser
Leichenschändung als neues Evangelium: Die Stamser Stiftsplünderung von 1552 und ihr Niederschlag in der Historiographie der Zisterze
S. 139–158
Martina Fuchs
Moritz von Sachsen in populärer deutscher Geschichtsschreibung vom 19. bis zum mittleren 20. Jahrhundert
S. 159–206
Abkürzungsverzeichnis
S. 207–208
Autorenverzeichnis
S. 209–210