In welcher Beziehung konnte die Kathedralkirche eine Kirche der Bürger sein? Wie stand es um die Nutzung und Wahrnehmung der Kathedrale durch die mittelalterlichen Bürger? Um diesen Fragen nachgehen zu können, werden verschiedene Aspekte betrachtet, in denen die Verbindung von Bürgergemeinde und Kathedralkirche deutlichen werden. Neben entwicklungsgeschichtlichen und kirchenrechtlichen Abhängigkeiten stehen Formen der Laienfrömmigkeit und religiöse Rituale im Mittelpunkt, die die Bürgergemeinde in Bezug zur Kathedralkirche setzten. Die ältere Forschung hat den Themenkomplex „Stadt und Kirche“ oftmals als Antagonismus wahrgenommen. Dies galt in besonderem Maße für Kathedralstädte. Diese wurden ob ihrer protourbanen Strukturen und dem Baueifer der hochmittelalterlichen Bischöfe gewürdigt, doch mit Ausbildung einer verfassten Bürgergemeinde vornehmlich als Austragungsort für Kämpfe zwischen Bischof und Bürger um die Stadtherrschaft betrachtet. Die Domkirche wurde als Sakralbau von kunsthistorischer Seite in ihrem Repräsentationscharakter beschrieben, die in ihr vollzogenen Messen obblieben im Focus der Liturgiewissenschaft. Die Kathedrale als innerhalb der Stadt gelegener Sakralbau, besonders ihre liturgische Bedeutung hinsichtlich der städtischen Bevölkerung, geriet dabei oft in den Hintergrund. Die vorliegende Untersuchung sieht diesen Gegensatz als überwunden und möchte die Kathedrale als Teil der mittelalterlichen Stadt begreifen.
Über den Autor
Sabine Reichert, Studium der Mittleren Geschichte, Historischen Hilfswissenschaften und Volkskunde/Europäische Ethnologie in Münster. Seit 2013 Wissenschaftliche Koordinatorin des Themenverbundes „Urbane Zentren und Europäische Kultur in der Vormoderne“ an der Universität Regensburg.