Der Beginn der Alleinregierung Josephs II. im Jahr 1780 markiert in der Geschichte der Habsburgermonarchie einen wichtigen Punkt. In schneller Folge kam es zu spektakulären Reformen, mit denen die Aufklärung nun auch in den Ländern der Habsburger zum Durchbruch zu kommen schien – eine Verheißung für die einen, eine Bedrohung für die anderen. In besonderem Maße waren kirchliche Institutionen und religiöse Praktiken davon betroffen. Sie wurden neu verhandelt, verändert und verboten. Das blieb nicht ohne Folgen: Es entwickelten sich heftige Kontroversen und teils sogar gewalttätige Konflikte. Die damit verbundenen Dynamiken erschließen sich umfassend erst beim Blick auf die Reformpraxis vor Ort, abseits der rein Wiener Perspektive.
In dieser Untersuchung steht deshalb mit Innerösterreich ein Zwischenraum – weder wirklich Zentrum, noch Peripherie – im Blickpunkt. Als Ebene zwischen der Gesamtmonarchie und den einzelnen Ländern etablierte Joseph II. administrativ das Gubernium „Innerösterreich“, das die Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain umfasste. Es entfaltete sich dort beispielhaft eine facettenreiche wechselseitige Bedrohungskommunikation auf ganz verschiedenen Ebenen: in der Publizistik, bei den Bischöfen, dem Ordensklerus, den Pfarrern und den vielen betroffenen Menschen in den Dörfern, Märkten und Städten. Auf Basis der räumlichen Konzentration auf Innerösterreich und dem methodischen Zugang über die Bedrohungskommunikation stellen sich sowohl der vermeintlich defensive Charakter der Reformen als auch das immer wieder apostrophierte Scheitern Josephs II. differenzierter dar.
Über den Autor
Dennis Schmidt studierte Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Kunstgeschichte (Magister Artium) an der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Karl-Franzens-Universität Graz. Die vorliegende Arbeit entstand als Dissertation im Sonderforschungsbereich 923 „Bedrohte Ordnungen“ an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Im Anschluss kuratierte Dennis Schmidt dort die virtuelle Ausstellung „bedrohte-ordnungen.de“. Derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der FernUniversität in Hagen.