Mit dem Kirchenasyl knüpfen Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften an eine alt-ehrwürdige Schutztradition an, bei der es darum ging, Menschen in kirchlichen Räumen Hilfe in existentiellen Notlagen zu geben. Notwendig war dies besonders, wenn Verfolgten kein Rechtsschutz gewährt wurde oder ein solcher nicht existierte.
In demokratischen Rechtsstaaten ist die Schutzgewähr Sache des Staates, und es existieren keine rechtsfreien Räume mehr. Mit dem modernen Kirchenasyl wenden sich aber auch heute noch Menschen gegen staatliche Entscheidungen im Asylrecht, und zwar gegen die Abschiebung eines Flüchtlings, wenn sie in einem konkreten Fall davon überzeugt sind, dass diese zu einer Gefahr für Leib oder Leben führen würde.
Die Autorin untersucht, ob auch im demokratischen Rechtsstaat noch Gerechtigkeitsverletzungen vorkommen, die mit bestehenden rechtlichen Instrumentarien nicht entdeckt oder nicht adäquat gelöst werden können, und erklärt am Beispiel des Kirchenasyls, unter welchen Voraussetzungen die Bürgergesellschaft auch in der modernen Gesellschaft ethisch legitimiert sein kann, sich gegen bestimmte Gerechtigkeitsverletzungen zu wenden.
Über den Autor
Susanne Traulsen, verh., 4 Kinder. 1. und 2. jur. Staatsprüfung, Masterstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der LMU München. Juristische Referentin im Kommissariat der katholischen Bischöfe in Baden-Württemberg, Lehrbeauftragte an der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg