Diese ethnografische Arbeit befasst sich mit der semi-nomadischen Bevölkerung einer mongolischen Enklave, dem mongolischen autonomen Verwaltungskreis Henan, innerhalb eines tibetischen autonomen Verwaltungsbezirks in der nordwestchinesischen Provinz Qinghai. Bei dieser Enklave handelt es sich um ein komplexes ethnisches Umfeld, in dem heute ca. 39.000 Menschen leben, von denen ungefähr 90 Prozent als Mongolen klassifiziert sind. Diese Mongolen sprechen fast ausschließlich Tibetisch. Die tibetisch-mongolische Identität – was soll das sein und wie charakterisiert sie sich? Unter Heranziehung verschiedener Theorien über Erinnerung und Gedächtnis wird die Frage nach der Konstruktion ihrer kollektiven Identität in Anbetracht ihrer Positionierung innerhalb des chinesischen Staates, aber vor allem innerhalb des tibetischen Kulturraums von Amdo beantwortet. Diese Studie leistet einen neuen Beitrag zum Verständnis der Heterogenität und Komplexität der Nationalitätenfrage in China mit Blick auf lokale Interaktionen zwischen unterschiedlich ethnischen Bevölkerungssegmenten, die zu ethnischen Vermischungen führen.
Über den Autor
Ute Wallenböck, geboren 1976 in Graz, studierte Sinologie, Tibetologie und Buddhismuskunde an der Universität Wien (1995–2001). Im Anschluss daran lebte und arbeitete sie in diversen Bereichen in der Volksrepublik China. Nach Jahren der Abwesenheit von der Wissenschaft kehrte sie als Universitätsassistentin an die Universität Wien zurück und promovierte dort 2017 im Fachbereich Sinologie. Derzeit ist sie Assistenzprofessorin für Sinologie an der Masaryk-Universität in Brno/Brünn sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt »Sinophone Borderlands – Interaction at the Edges« an der Palacký Universität Olmütz/Olomouc. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen neben den tibetisch-mongolischen Schnittstellen am sino-tibetischen Grenzgebiet die chinesische Minderheitenpolitik sowie auch die Gesellschaften, Kulturen und Geschichten Innerasien.