Das Glück als Erfüllung menschlichen Wünschens und Strebens ist ein zentrales Thema der Ethik, wenngleich nicht ihr einziges. Der Zusammenhang von Glück und Moral wurde von der Tradition stets gesehen und verteidigt. Ob ein gelingendes Leben ohne Transzendenzbezug möglich und, wenn ja, wünschenswert sei, ist unter Philosophen umstritten.
Die Entkoppelung von Ethik und Religion ist kein neues Phänomen, sie findet sich bei Aristoteles und den Philosophenschulen des Hellenismus (Epikur, Stoa, Skepsis). Antike Philosophie verstand sich als Lebenskunst und Anleitung zu guter ethischer Praxis. So konnten Kirchenväter und Mönche darauf pochen, die wahre Philosophie zu kennen und zu praktizieren, die Nachfolge Christi. Wenn heute wieder philosophisch unter bewusster Absehung von allen religiösen Heilsangeboten nach den Bedingungen gelingenden Lebens gefragt wird, deutet das auf das Zerbrechen einer eineinhalb Jahrtausende währenden Synthese von Ethik und Religion hin.
Aber stimmt dieser Befund? Ist der antike Eudaimonismus so transzendenzlos, wie es das Lebenskunstmodell propagiert? Ist die autonome Moral (Kant) von ihren theologischen Postulaten trennbar? Den Autoren dieses Sammelbands wurde die Frage vorgelegt, ob ein transzendenzloses Glück das einzig Vernünftige sei. Die Antworten fallen so unterschiedlich aus, wie die gegenwärtige Diskussionslandschaft vermuten lässt.
Über den Autor
Stephan Herzberg, PD, Dr. phil., Lic. theol., ist Dozent für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt am Main
Heinrich Watzka SJ, Dr. phil., ist Professor für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt am Main
Inhaltsverzeichnis
I. Theistisches Glück
Christoph Horn
Kein Glück ohne Gott? Der antike Eudaimonismus und seine Verbindung zur Theologie
S. 3–30
Stephan Herzberg
Glück und Transzendenz. Zur abendländischen Synthese von Ethik und Religion
S. 31–60
William J. Hoye
Die Vollendung des Menschen in Gott
S. 61–96
II. Hoffnung, Entzweiung und Verlust
Holm Tetens
Kann es ein gutes Leben ohne Hoffnung auf Erlösung geben? Systematische Rehabilitation eines kantischen Arguments
S. 97–110
Herbert Schnädelbach
In Grenzen leben. Zur Kritik der Transzendenz
S. 111–126
Christian Thies
Das gebrochene Glück des humanistischen Skeptikers
S. 127–152
Herman Philipse
Ethics and Religion Disconnected
S. 153–168
III. Moderne Vergewisserungen
Hans-Joachim Höhn
Das Leben gut sein lassen!? Perspektiven ethischer Zeitdiagnostik
S. 169–200
Heinrich Watzka
„Nur wer in der Gegenwart lebt, ist glücklich“. Der Zusammenhang von Ethik und Religion
beim frühen und beim späten Wittgenstein
S. 201–232
Namensregister
S. 233–236
Autorenverzeichnis
S. 237