Philipp der Kanzler (ca. 1165–1236) will nach eigenem Geständnis Theologe sein. Da er die Theologie als strenge Wissenschaft im Sinne der Zweiten Analytiken des Aristoteles versteht, ist für ihn die Indienstnahme der Philosophie durch die Theologie in der Erklärung der Glaubenswahrheiten unabdingbar notwendig. Diese kommt denn auch in der Summa de bono, Philipps Hauptwerk, in zweifacher Weise zur Anwendung: im Gebrauch der philosophischen Beweismethoden und in der neuen Auslegung des Glaubens als Argument in der Glaubensdefinition (Hebr 11,1), wonach der Glaube Argument in der Bedeutung von ostensio, Vorzeigen von Dingen, die auf Erden verborgen sind, und nicht diskursiv, verstanden wird. Die Forschung hat seiner Zeit als erstes wichtiges Ergebnis festgestellt, dass Philipp die Lehre von den Transzendentalien – Seiendes, Eines, Wahres und Gutes – als Traktat in die Philosophie eingeführt hat. Mit dem transzendentalen Begriff des Guten hat er die Inhalte der Theologie geordnet und in ein System gebracht. Dazu benutzte er Einsichten Platos über das Gute und Elemente der Seins-Lehre des Aristoteles. In der Auslegung des Philosophen folgte er weitgehend Avicenna, dessen Denken auch neuplatonische Elemente enthält. Auf Avicenna geht also die platonische Färbung der Philosophie Philipps zurück.