Der «Zurzacher Liber Ordinarius», in einer Handschrift der Aargauer Kantonsbibliothek erhalten, regelt die Gottesdienstordnung der Chorherren am Verenastift Zurzach in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. In der Form eines «liturgischen Drehbuches» werden für Messe und Stundengebet eines jeden Tages die rituellen Regeln sowie die Anfänge der zu singenden oder zu lesenden Texte angeführt. Die Auswahl solcher Rubriken und Initien verschafft Einblick in die diözesane oder ordensmässige Einbindung der betreffenden Gemeinschaft. Im Falle von Zurzach, das zur Zeit der Niederschrift dieses Liber Ordinarius ein Stift nichtregulierter Chorherren in kirchlicher Abhängigkeit des Konstanzer Bischofs war, überrascht die liturgische Zugehörigkeit zu einem Kreis regulierter Chorherrenstifte um das elsässische Reformstift von Marbach, kanonikales Gegenstück zum monastischen Hirsau. Damit dient dieser Liber Ordinarius zur weiteren Erforschung der Liturgie dieses bis nach Skandinavien verbreiteten Kreises von Stiften, die in der Zeit der Gregorianischen Reform die Lebensgewohnheiten von Marbach übernommen hatten. Andererseits wirft er Licht auf eine Geschichtslücke des Zurzacher Stiftes, dessen Übergang von einem Kloster zu einem weltlichen Chorherrenstift fast gänzlich im Dunkeln liegt.