Die in ihrer Zeit konkurrenzlos dastehende Theologie des Nikolaus von Kues ist schon unter mancherlei Aspekten untersucht worden. In der vorliegenden Arbeit geht es um den zentralen Begriff der "Erscheinung Gottes" - apparitio dei. In diesem Begriff leuchtet nämlich der Zusammenhang der einzelnen Glaubensartikel untereinander sowie der Zusammenhang zwischen Glauben und Denken auf. Aus umfangreichem Quellenmaterial soll gezeigt werden, wie Cusanus die wichtigsten Themen des christlichen Glaubens - Schöpfung, Trinität, Inkarnation, Erlösung - durch die apparitio-dei-Konzeption miteinander verbindet. Dieser Terminus, so die These, kann als Schlüsselkategorie des Cusanischen Denkens betrachtet werden. Ausgehend von der Selbstreflexion des menschlichen Geistes, gelingt Cusanus in einzigartiger Weise die Verklammerung von Schöpfungs- und Erkenntnislehre: In der Kreativität des menschlichen Geistes erscheint Gott als Schöpfer. Welterkenntnis und Gottesschau verhalten sich daher direkt proportional zueinander. Dies belegt eine ausführliche Interpretation des bedeutenden Spätwerks De venatione sapientiae, die diese Studie beschließt.