Die Nation war der große Traum des 19. Jahrhunderts. Aus Kleinstaaten sollten große Reiche werden, und alle sollten sich in einer „Nationalsprache“ verstehen. Die Nationen hatten Erfolg: Sie ermöglichten die politische Partizipation breiter Bevölkerungsschichten, und mit den Nationen entstanden die großen sozialen Sicherungssysteme. Aber um welchen Preis! In der Pluralität sahen die meisten Nationen eher Probleme als eine Chance, und so kam es zu einer dramatischen Zerstörung regionaler Kulturen und Sprachen. Im 20. Jahrhundert ging der Traum der Nation in den blutigsten Kriegen, die Europa je gesehen hat, unter.
Doch in der europäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts gibt es Alternativen, wie man Pluralität gegen den nationalstaatlichen Druck organisieren kann. Die Schweiz wurde mit drei Landessprachen zum föderalen Musterland Europas, das Reich der Habsburger lebte mit multikulturellen Gesellschaften, die Niederlande sind an ihren Parallelgesellschaften nicht zerbrochen. Dieses Buch dokumentiert historische Alternativen in politischer Absicht: Es zeigt, welchen kreative Potentiale in der Geschichte stecken, um in einem national und föderal verfassten Europa kulturelle und politische Vielfalt zu sichern.