Das Zusammenleben der Menschen muss gestaltet werden. Es wächst nicht von allein. Welche Rolle spielen in diesem Prozess die Religionen? Verwalten sie wichtige ethische Ressourcen oder vertreten sie eine Sonderethik? Auch wenn alle Religionen sich um ein spezielles religiöses Anliegen gruppieren, tragen sie doch zugleich Ideale weiter, die auf Lebenserfahrung und vernünftige Reflexion zurückgehen. Sie stellen insofern eine Art moralisches Gedächtnis der Menschheit dar. Doch wie lässt sich die Lehre der Religionen auf eine fruchtbare Weise in die Gesellschaft einbringen? Mit welchen Argumenten können problematische Aspekte einer Lehrtradition überwunden werden? Im Gegensatz zu einer einseitigen Betonung autoritativer Gebote wollen die Beiträge des Bandes zu kritischer Analyse ermutigen. Mitglieder und Gäste des Interdisziplinären Forums Religion der Universität Erfurt untersuchen für die christliche Tradition Themen der Bibelauslegung und der Theologiegeschichte, der Liturgie und der Religionspädagogik. Für die jüdische Tradition wird die ethische Bedeutung von Lehre und Praxis gemäß der Halakah erläutert, für die islamische Tradition die Funktion der Grundwerte Gerechtigkeit und Gleichheit. Einen externen Bezugspunkt der Analysen zum Christentum, Judentum und Islam bilden Darstellungen der Debatte über Religion und Ethik in der antiken griechisch-römischen Kultur.