Fremdheit zählt zu den Fundamentalerfahrungen menschlicher Existenz. Wie wurde sie in der Frühen Neuzeit erlebt und bewältigt? Zur Beantwortung dieser Frage sind Diplomaten besonders geeignet: Sie zählten neben Gelehrten, Händlern, Adligen und Pilgern zu dem kleinen Teil der Bevölkerung, der aufgrund großer geographischer Mobilität tiefgehende Kulturbrüche bewältigen musste. Da ihre beruflichen Aufgaben automatisch zur Auseinandersetzung mit Alterität führten und ihre Tätigkeit häufig mehrere Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte umfasste, lassen sich bei ihnen Differenzerfahrungen außergewöhnlich gut untersuchen. Aufgrund der Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung ist ihr Leben in der Fremdheit zudem in vielen Quellen dokumentiert. Analysiert werden die Bereiche "Nuntiaturen und Römische Kurie", "habsburgische Diplomatie und Reichstag", "Westfälischer Friedenskongress", "französische Diplomatie und Diplomaten" sowie "Christen und Muslime". Der untersuchte Personenkreis setzt sich aus Vertretern bürgerlicher, adeliger oder klerikaler Herkunft zusammen. Zu ihm gehören ständig residierende, ordentliche und außerordentliche Botschafter, zeitlich befristet agierende Gesandte und das einfache diplomatische Personal. In den Blick geraten Formen und Faktoren der Beziehungen zum Fremden, der Fremdwahrnehmungsprozess, Bedingungen und Strategien interkultureller Kommunikation, die Konstruktion und Verbreitung von Stereotypen sowie die Instrumentalisierung von Feindbildern und Vorurteilen.