Die Prosopographie hat ihren Ursprung in den Altertumswissenschaften des 19. Jahrhunderts. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sie sich zu einer Teildisziplin der Mediävistik. Es handelt sich um Personengeschichtsforschung unter historischen, soziologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten und Zielsetzungen. Die prosopographische Methode ist ein modernes Wissenschaftsinstrument, weil ein erheblicher Teil des Quellenmaterials aus Namen besteht. Im Mittelpunkt dieses Ergebnisbandes einer Tagung im März 2011 steht die Frage, inwieweit Formen antiker und mittelalterlicher Personengeschichtsschreibung für moderne prosopographische Ansätze nutzbar gemacht werden können. Das Wort Jesu, das als Motto über der Tagung stand, benennt hier die drei Themenkomplexe des vorliegenden Bandes an: die Namen, die Bücher, in die diese Namen eingetragen werden, und die Schreiber, die diese Namen in die Bücher eintragen.
Über den Autor
Rainer Berndt, Prof. Dr., ist Leiter des Hugo von Sankt Viktor-Instituts für Quellenkunde des Mittelalters an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/M.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
S. 5
Zur Einführung
Rainer Berndt
»Freut euch, daß eure Namen im Buch des Lebens geschrieben sind« (Le 10,20). Textgeschichtliche Spuren eines altlateinischen Bibelverses bis ins Mittelalter
S. 13–20
José Luis Narvaja
Konzeption der Tagung
S. 21–24
Die Namen. Grundlage prosopographischer Forschung
Rainer Berndt
»Ich habe dich beim Namen gerufen« (Is 45,3–4). Formen der Selbstwerdung und der Identitätsbildung im lateinischen Mittelalter
S. 25–40
Stephan Winter
Die Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Liturgiegeschichtliche und ritualtheoretische Überlegungen zum Verhältnis von Taufakt und Namengebung
S. 41–62
Hans-Winfried Jüngling
Name und Nennung durch Adam – Der Ursprung von Wissenschaft
S. 63–78
Hideki Nakamura
Die Namen der Familie Jakobs – Strukturen der Anthropologie Richards von Sankt Viktor
S. 79–94
Gesine Klintworth
Die Identität von Kreuzfahrern – Verwechslung von Äbten auf dem vierten Kreuzzug anhand der Beispiele Martin von Saint-Magloire und Adam von La Trappe
S. 95–112
Hanns Peter Neuheuser
Memoria und Allegatio. Die Funktion der Papstnamen in der Liturgik nach der Sakramentenlehre Hugos von Sankt Viktor
S. 113–134
Tilman Nagel
Neunundneunzig Namen hat Allah – Die Namen Allahs in der muslimischen Theologie des Mittelalters
S. 135–150
Die Bücher. Quellen prosopographischer Forschung
Ralf M.W. Stammberger
Das eine Buch und die vielen Bücher: Lesen und Schreiben als Gottes-Dienst
S. 151–166
Robert Gramsch
Prosopographische Auswertung der päpstlichen Briefregister: Individualbiographien und Klerikernetzwerke im Spätmittelalter
S. 167–180
Uwe Ludwig
Möglichkeiten und Probleme der prosopographischen Erschließung frühmittelalterlicher Libri vitae
S. 181–204
Meta Niederkorn-Bruck
Prosopographisches in Martyrologien
S. 205–228
José Luis Narvaja
Modelos prosopográficos de la Iglesia antigua entre los siglos II y VI
S. 229–240
Véronique Gazeau
Die Werke Roberts von Torigni. Eine Quelle für die Erstellung einer Prosopographie der normannischen Äbte
S. 241–260
Arnold Angenendt
Prosopographie in der Messe
S. 261–282
Schreiber und Schriftlichkeit. Instrumente prosopographischer Forschung
Franz Neiske
Schriftlichkeit als Instrument prosopographischer Forschung
S. 283–306
Brigide Schwarz
Die Korporationen der Schreiberkollegien an der päpstlichen Kurie
S. 307–318
Émilie Cottereau-Gabillet
Les copistes français de manuscrits aux XIVᵉ et XVᵉ siècles: une population méconnue. Enjeux et enseignements de l'approche prosopographique
S. 319–346
Anette Löffler
Der Viktoriner Abt Gaufridus Pellegay und seine Sorge um sein Seelenheil
S. 347–362
Michael Embach
Kolophone in Trierer Handschriften des Mittelalters – Individuelle Minimalprosopographie und religiöse Bekenntnisformel
S. 363–380
Britta Müller-Schauenburg
Erfolglos zu Recht schreiben – Benedikt XIII. und sein schriftliches Werk nach den Pariser Handschriften des Traktats Quia nonnulli
S. 381–412
Bibliographie
S. 413–494
Register
S. 495–520