Der um 200 nach Christus entstandene Wahre Logos des Mittelplatonikers Kelsos ist das älteste in größerem Umfang erhaltene Werk eines paganen Philosophen, das sich speziell mit dem Christentum auseinandersetzt. Da der Text nur in Fragmenten innerhalb der acht Bücher des Origenes Gegen Kelsos überliefert ist, stellt sich die Frage nach seiner ursprünglichen Struktur. Keiner der zahlreichen Antwortversuche von Editoren und Interpreten des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte sich durchsetzen; die Frage ist bis heute offen.
Die vorliegende Studie stellt einen neuen Versuch dar, die ursprüngliche Anordnung des Textes zu ermitteln. Anhand einer detaillierten Analyse kann gezeigt werden: Der Wahre Logos weist eine genau durchdachte Disposition auf. Er lässt sich in dreifacher Weise gliedern: erstens entsprechend den Teilen einer antiken Rede, zweitens nach dem Vorbild einer gestuften Mysterieneinführung, drittens nach der antiken Aufteilung der Philosophie in die Bereiche Logik, Ethik, Physik und Epoptik/Theologie.
Die Ergebnisse der Strukturanalyse machen deutlich, welche Ziele Kelsos mit seiner Schrift verfolgt: einerseits die jüdisch-christliche Lehre ad absurdum zu führen, andererseits diejenigen Christen, die sich von ihm anleiten lassen, auf eine seiner Meinung nach wahre Gotteserkenntnis vorzubereiten und zur Loyalität gegenüber dem römischen Kaiser zu bewegen.
Über den Autor
Johannes Arnold, Professor für Alte Kirchengeschichte und Patrologie, lehrt an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main, ist Mitherausgeber der Reihe „Frankfurter Theologische Studien“ und Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Theologie und Philosophie“.