In Forschungen zu Augustin gehört sein Frauenbild zu den umstrittensten Themen. Mal wird er infolge seiner Erbsündenlehre als misogyn, mal aufgrund seiner Lehre von der Gottebenbildlichkeit der Frau als feministischer Vorläufer betrachtet. Diese Studie verfolgt einen anderen Ansatz, indem sie sich auf seinen konkreten Umgang mit Frauen konzentriert. Obgleich auch Augustins Mutter Monnica und seine langjährige Lebensgefährtin bedacht werden, stehen im Fokus der Analyse die selten untersuchten Briefe, die der Bischof an Frauen schrieb.
Jeder Brief wird nach demselben Schema untersucht: prosopographische Einordnung der Adressatinnen, Chronologie und Reihung des Briefwechsels, Überlieferung, Text und Übersetzung, Forschungsstand, Anlass und Kommunikationsstrategie. Dabei treten wiederholt Themen wie Besitz, Eide, religiöse Erziehung, Häresien, ewiges Heil und Trost auf. Diese ergeben sich jedoch aus den Lebensumständen der Adressatinnen: Nahezu alle entstammen der vermögenden Oberschicht und führen ein asketisches Leben. Für Augustin ist das Geschlecht seiner Adressaten beim Verfassen seiner Briefe unerheblich. Unterschiede in Inhalt und Form der Briefe an Frauen gegenüber denen an Männer lassen sich nicht feststellen. Maßgeblich ist für ihn die religiöse Identität der Frauen als christliche Asketinnen und seine daran geknüpfte Erwartung, dass sie ein gottzentriertes Leben führen.