Der 59. Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit – Peace and Justice ins Zentrum einer interdisziplinären und internationalen Erörterung. Seit einiger Zeit zeigen zahlreiche Konflikte, dass die alte Prämisse „Frieden ist die Rückkehr zur Ordnung” so nicht mehr funktioniert. Der Band wirft die Frage auf, was Frieden dann bedeutet und wie er sich zur Gerechtigkeit verhält. Dieser geht er in einem vergleichenden Blick auf die deutschsprachige und die anglo-amerikanische Debatte zu Friedensethik und Gerechtigkeit nach.
Gefragt wird: Wie ist der Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit zu denken? Ist das eine die Voraussetzung des anderen? Wird – und wenn ja wie – das Thema Gerechtigkeit in politischen Friedensbemühungen berücksichtigt, sei es als soziale Gerechtigkeit und/oder als retributive Gerechtigkeit? Welche Rückschlüsse lassen sich aus aktuellen Konflikten (in Europa, im Nahen Osten, in Afrika oder anderen Teilen der Welt) für zukünftige Konfliktprävention und -nachsorge ziehen? Wie sollen geeignete strukturelle Rahmenbedingungen und eine ethisch verantwortliche Politik, die diesen Herausforderungen gerecht werden, aussehen? Im Fokus steht dabei die Konfliktvor- und -nachsorge.
Die Diskussion aktueller Konflikte in Syrien und dem Nahen Osten bilden den Auftakt zu einer breit aufgestellten sozialethischen, journalistischen und politikwissenschaftlichen Reflexion des Themas breit aufgestellt. Grundlegend wird untersucht, wo der systematische Ort der Friedensfrage in der Ethik ist bzw. sein müsste und was die (sozial-) ethische Analyse zur Entwicklung einer Friedensordnung beitragen kann. Zudem wird nach Potenzialen zivilgesellschaftlicher Akteure – wie etwa Journalist_innen – zur Friedensförderung gefragt.
Der Beitrag in der Rubrik „Christlich-sozialethisches Denken und Arbeiten in Europa”, in der wir dazu beitragen wollen, theologische Sozialethik als europäisch-gemeinsames Projekt bewusst zu machen, berichtet über die Situation der Christlichen Sozialethik in Spanien.
Zudem wird – wie üblich – über sozialethische Tagungen des akademischen Jahres 2017/18 berichtet und über laufende bzw. in jüngster Zeit abgeschlossene wissenschaftliche Arbeiten zur katholischen Sozialethik informiert.
Über den Autor
Marianne Heimbach-Steins, Dr. theol., ist Professorin und Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
S. 9–18
I. Frieden und Gerechtigkeit
a) Ouvertüre
Kenan Engin
Syrien. Vom Krieg zum ewigen Frieden. Ist es eine Utopie?
S. 19–28
Michael Daxner
Frieden und Gerechtigkeit in Afghanistan
S. 29–50
Heinz-Günther Stobbe
Form- und Strukturwandel katholischer Friedensarbeit
S. 51–60
b) Forschungsbeiträge
Oliver Hidalgo
Zwischen Pazifismus und gerechtem Krieg? Der „gerechte Frieden” als Leitbild der deutschsprachigen Friedensethik und Alternative zur Tradition des bellum iustum
S. 61–84
Laurie Johnston
What is really going on? Narratives and ethical assessments in recent Anglophone debates over peace and war
S. 85–104
Klaus-Gerd Giesen
Umriss einer kantschen Cyberkriegsethik
S. 105–126
Zorica Maros
Relationships between memory, justice and forgiveness with a focus on Bosnia and Herzegovina
S. 127–154
Heinz-Gerhard Justenhoven
Statebuilding – Widerspruch zu politischer Selbstbestimmung? Friedensethische Annäherung an ein vernachlässigtes Problem
S. 155–176
Klaus-Dieter Altmeppen / Tanja Evers / Regina Greck
Der Journalismus als Friedensstifter? Verantwortungsvolle Berichterstattung in Zeiten der Krise?
S. 177–200
Thomas Nauerth
Gerechtigkeit und Frieden bei Papst Franziskus im Horizont von Zärtlichkeit und Gewaltfreiheit
S. 201–224
c) Literaturüberblick
Johannes J. Frühbauer
Friedensethik im 21. Jahrhundert. Ein Bericht zur deutschsprachigen Literatur
S. 225–252
Anna Floerke Scheid
Christian Peace Ethics: Trends in the International (Anglophone) Debate
S. 253–292
II. Forschungsbeiträge zur Sozialethik
Christof Mandry
Gibt es strukturelle Korruption im deutschen Gesundheitswesen? Eine sozialethische Untersuchung am Beispiel der Einflussnahme von Krankenkassen auf den Risikostrukturausgleich
S. 293–322
III. Christlich-sozialethisches Denken und Arbeiten in Europa / Thinking and Doing Christian Social Ethics in Europe
Diego Alonso-Lasheras
Doing Catholic Social Ethics in Spain Today. Finding a prophetic voice for the Church at the beginning of the 21st Century
S. 323–336
IV. Berichte und Mitteilungen
a) Tagungsberichte
Thomas Laubach (Weißer) / Stefanie A. Wahl
Ökumenische Ethik. Bericht über den 38. Kongress der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik 2017 in Bamberg
S. 337–344
Felix Geyer
„Christliches Abendland”? – Zerfallerscheinungen in Europa als Herausforderung Christlicher Sozialethik. Bericht über das 27. Forum Sozialethik 2017 in der Katholischen Akademie Schwerte
S. 345–352
Claudius Bachmann
Gestaltungsfragen der Digitalität. Sozialethische Perspektiven. Tagungsbericht zum 19. Berliner Werkstattgespräch der SozialethikerInnen 2018
S. 353–362
Andreas Fisch / Hermann-Josef Große Kracht
„Mit Steuern steuern?” Chancen und Grenzen gemeinwohlorientierter Fiskalpolitik. Bericht zu den 8. Heppenheimer Tagen zur christlichen Gesellschaftsethik
S. 363–370
Gregor Buß
Brückenbauarbeiten in Sarajevo. Bericht über die 3. Internationale Konferenz des Netzwerks Catholic Theological Ethics in the World Church 2018
S. 371–376
Maren Behrensen / Göran Collste
Feminist Ethics and the Question of Gender. Report from the 54th Societas Ethica Annual Conference 2018 in Louvain-la-Neuve
S. 377–380
b) Positionspapier
Die Bedeutung Christlicher Sozialethik für Gesellschaft, Universität, Theologie und Kirche. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft Christliche Sozialethik
S. 381–390
c) Mitteilungen
Qualifikationsarbeiten in der deutschsprachigen katholischen Sozialethik
S. 391–404
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes
S. 405–407