Das vierte und letzte Heft der KLK-Reihe zu den baltischen Landen bietet einerseits Herrscher-, Bischofs-, Pfarrer- und Gouverneurslisten sowie ein Gesamtregister. Andererseits werden in zwei Beiträgen die historiographiegeschichtlichen Probleme der estnischen und lettischen Geschichtsschreibung thematisiert, zudem der Blick auf ein „Alleinstellungsmerkmal” der baltischen Städtereformationen gerichtet: die heftigen Bilderstürme in der Anfangsphase. Die „Meistererzählung” der Deutschbalten beanspruchte die Reformation als ihr Werk. Erst durch die von Martin Luther geprägte Kirche der deutschbaltischen Oberschicht seien die Esten und Letten von „getauften Heiden” zu Christen erzogen geworden. Die Esten und Letten hatten damit so ihre Schwierigkeiten. Zum einen war ihre Volkskultur tief geprägt von den lutherischen Bibelübersetzungen und der lutherischen Volkskirche, vor allem seit der entschiedenen Konfessionalisierung unter schwedischer Herrschaft. Zum anderen blieb die lutherische Kirche immer die „Herrenkirche” der Deutschbalten und – in geringerem Maße – der Schweden. Bei den Diskursen ging es stets auch um das Verhältnis der Esten und Letten zur „deutschen Kultur” und damit zum „Westen”. Die frühe Einwirkung der „radikalen Reformation” mit den Bilderstürmen wurde von dem später vorherrschenden konservativen Luthertum marginalisiert. Es gelang freilich auch den marxistischen Historikern in der Sowjetzeit nicht, hieraus nach DDR-Muster Anhaltspunkte für eine „frühbürgerliche Revolution” zu konstruieren. Die sowjetischen ebenso wie die nationalestnischen und nationallettischen Historiker relativierten die Zäsurbedeutung der Reformation zugunsten einer „langen Dauer” der ländlichen Feudalgesellschaft in den baltischen Landen, deren „Unterdrückungsmechanismen” durch die lutherische Lehre vom geschuldeten Untertanengehorsam der Christen eher noch gesteigert worden seien.
Inhaltsverzeichnis
Matthias Asche / Werner Buchholz / Anton Schindling
Vorwort – Zu den Erträgen der Territorien-Reihe
S. 7–14
Markus Gerstmeier / Krista Kodres
Der Hauptaltar des Revaler/Tallinner Doms (Tallinna toomkirik) (Zur Abbildung auf der vorderen Buchklappe und der Frontispizseite)
S. 15–26
Magnus von Hirschheydt
Regentenlisten und Übersichten zu den höchsten geistlichen und weltlichen Amtsträgern in den baltischen Landen 1500–1721
S. 27–38
Livländische Herrscherikonographie: Die letzten Fürstenbischöfe
S. 39
Markus Gerstmeier
Abbildung 1A–C: Das „Markgrafenfenster” der St. Sebaldkirche zu Nürnberg
S. 40–56
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis
Abbildungen 2 und 3A–B: Das Grabmal des letzten katholischen Erzbischofs von Riga Wilhelm von Brandenburg-Ansbach im Rigaer Dom
S. 57–62
Jens E. Olesen / Wolf von Buchholtz
Abbildung 4: Das Siegel Herzog Magnus' von Holstein, Bischof von Ösel und Kurland
S. 63–65
Matthias Asche
Genealogische Übersicht: Die Herzogsdynastie Kettler in Kurland und Semgallen (1561–1737)
S. 66
Kurländische Herrscherikonographie: Die Herzöge zu Livland, von Kurland und Semgallen aus dem Hause Kettler
S. 67–68
Julia Trinkert
Abbildung 5: Gotthard Kettler und Anna von Mecklenburg auf einem zeitgenössischen Gemälde
S. 69–73
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis
Abbildung 6: Gotthard Kettler aus der Sicht des 19. Jahrhunderts
S. 74–75
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis / Wolf von Buchholtz
Abbildung 7: Wappen der Herzöge zu Livland, von Kurland und Semgallen 1565–1737 am Sarkophag Friedrich Kettlers (1643)
S. 76–79
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis
Abbildungen 8 bis 11: Wilhelm Kettler, Jakob Kettler mit Luise Charlotte von Brandenburg, Friedrich Casimir Kettler und Friedrich Wilhelm Kettler
S. 80–90
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis
Abbildung 12: Das alte Herzogsschloss zu Mitau/Jelgava
S. 91–98
Juhan Kreem
Die livländische Reformation im Spiegel der estnischen Geschichtswissenschaft
S. 99–122
Valda Kļava
Die livländische Reformation im Spiegel der lettischen Geschichtswissenschaft
S. 123–146
Sergiusz Michalski
„Hölzer wurden zu Menschen”. Die reformatorischen Bilderstürme in den baltischen Landen zwischen 1524 und 1526
S. 147–162
Markus Gerstmeier / Ojārs Spārītis
Der deutschbaltische Blick auf die Reformation: Die Glasfenster der Eckeschen Kapelle am nördlichen Seitenschiff des Rigaer Doms (1884)
S. 163–170
Verzeichnis der Autoren und Herausgeber
S. 171
Abbildungsnachweis
S. 172
Maximilian Baur / Maike Bossler / Uwe Folwarczny / Jana Olschewski
Gesamtregister der vier KLK-Hefte zu den baltischen Landen
S. 173–215