Glaube(n) im Disput: Seit Beginn des Christentums wurde darüber debattiert und gestritten, was der rechte Glaube sei. In der Reformationszeit wurde nicht nur in Wortkämpfen um Glaubenswahrheiten gerungen.
Auf Grundlage einer wissenschaftlichen Tagung der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum und des Lehrstuhls für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte in Kooperation mit der Katholischen Akademie Freiburg wurde der vorliegende Band konzipiert. Er widmet sich den zentralen Fragen nach den Strukturen, Rahmenbedingungen sowie der Bedeutung und Wirkung der Dispute um den rechten Glauben. Der Fokus ist auf den Glaubenskampf der altgläubigen Autoren*innen gerichtet, einem dringenden Forschungsdesiderat. Nach grundlegenden Reflexionen zum Verhältnis von Theologie und Disput werden zunächst Klärungen zum Phänomen der „controversia“ vorgenommen und die Kontexte der Kontroverstheologie erhellt. Mit den Methoden und Fragestellungen neuerer Forschungsperspektiven wie u.a. Patronage- und Freundschaftsforschung, Selbstzeugnisforschung oder Geschlechtergeschichte werden die Kontroversisten und ihre Dispute neu betrachtet und aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet.
Die Beiträge des Bandes zeigen die sowohl theologische als auch historische Tiefen- und Breitenwirkung der Dispute, die weit über die Grenzen eines selbstgefälligen Gelehrtenstreits hinausgingen.
Über den Autor
Die Herausgeber:
Karl-Heinz Braun ist Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Freiburg i.Br. und Mitglied des Vorstands der „Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum e.V.“
Wilbirgis Klaiber ist promovierte Kirchenhistorikerin und freie Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Freiburg, Herausgeberin des Verzeichnisses „Katholische Kontroverstheologen und Reformer des 16. Jahrhunderts“ (RST 116), Münster 1978.
Christoph Moos ist Doktorand im Bereich Kirchengeschichte und war von 2015-2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Freiburg.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
S. 1–6
Introduction
S. 7–14
Aktuelle Perspektiven – Eine Hinführung
Béatrice Acklin Zimmermann
Den Streit wagen!
S. 15–18
Manuel Herder
Wir haben ein Recht darauf, dass ihr euch streitet
S. 19–24
1. Glaube(n) im Disput
Peter Walter (✝)
Theologie als Inhalt und Instrument in Kontroversen. Die Disputation als Mittel der Wahrheitsfindung in der Theologie
S. 25–46
Karl-Heinz Braun
Woher wussten die altgläubigen Kontroversisten, was rechtgläubig ist?
S. 47–64
2. Klärungen zum Phänomen der Controversia
Kenneth G. Appold
Disputation und Konsensbildung im Zeitalter der Konfessionalisierung
S. 65–74
Kai Bremer
Emsers und Luthers Streit um theologische Deutungshoheit. Die Kontroverse um die Adelsschrift 1520/21
S. 75–94
3. Kontexte der Kontroverstheologie
Axel Gotthard
Die politischen Koordinaten der Causa Lutheri
S. 95–122
Andreas Sohn
Fons limpidus scientiarum. Zur Rolle und Bedeutung der Universität Paris für die Lehrentwicklung der Theologie im mittelalterlichen Europa
S. 123–142
Peter Walter (✝)
Paris oder Papst? Die Frage nach der Suprematie theologischer Wissenschaft gegenüber dem kirchlichen Lehramt in Mittelalter und früher Neuzeit
S. 143–160
4. Akzente der neueren Forschung
4.1 Patronage, Freundschaft und Feindschaft
Gabriele Jancke
Patronage, Freundschaft und Feindschaft unter Gelehrten im 16. Jahrhundert – Religiöse Kontroversen in sozialen Beziehungen und über soziale Beziehungen: Johannes Cochläus (1479–1552)
S. 161–200
Christoph Moos
Johannes Fabri (1478–1541) als Beispiel für Freundschaft und Patronage unter Gelehrten des 16. Jahrhunderts
S. 201–216
4.2 ‚Gelehrtennetzwerke‘
Markus Wriedt
‚Gelehrtennetzwerke‘ in der Frühen Neuzeit
S. 217–242
4.3 Selbstzeugnisforschung
Wilbirgis Klaiber
„Den heymlichen Schmertzen, wer kann jhn tragen oder dulden mit schertzen? Das kann ich nicht.“ Der Kontroverstheologe Johannes Nas OFM (1534–1590) erklärt sich seinen Lesern
S. 243–282
4.4 Geschlechtergeschichte
Anne Conrad
‚Eifrige Papistinnen‘ und redegewandte ‚Predigerinnen‘. Kontroverstheologie im 16. Jahrhundert in geschlechtergeschichtlicher Perspektive
S. 283–304
4.5 Kunstgeschichtliche Forschung
Andreas Tacke
Aus dem Auge, aus dem Sinn? Zur (Wieder-)Entdeckung der altgläubigen Kunstaufträge bis zum Trienter Konzil
S. 305–328
5. Transformationen
Bent Jörgensen
Eine Entwicklung mit Folgen: Konfessionelle Selbst- und Fremdbezeichnungen seit Martin Luther
S. 329–344
Martin Hille
„So als wenn sie weren der rechte alte Catholische Glaube“: Der Streitschriftenwechsel zwischen Georg Nigrinus (1530–1602) und Kaspar Franck dem Jüngeren (1543–1584)
S. 345–366
Thomas Dietrich
Wer ist Kirche? Zur Auseinandersetzung des Robert Bellarmin SJ (1542–1621) mit lutherischer Ekklesiologie. Kritische Würdigung und Anfragen
S. 367–390
6. Desiderate
Herman J. Selderhuis
Forschungsperspektiven aus der Sicht reformierter Kirchengeschichte
S. 391–398
Personenverzeichnis
S. 399–404