Der vorliegende Band befasst sich vorwiegend mit konzeptionellen Problemen, die sich aus der metaphysischen Rahmung des Inkarnationsgedankens ergeben. In diesen Konstellationen wird die traditionelle Lehre von den Eigenschaften Gottes (und darin der Gottesbegriff des klassischen Theismus) noch einmal neu zum Brennpunkt – etwa wenn gefragt werden muss, wie die eine Person Jesu verschiedenartige Eigenschaften, die je der göttlichen und der menschlichen Natur zugeschrieben werden, auf sich vereinigen kann.
In den letzten Jahrzehnten haben analytische Autorinnen und Autoren konfessionsübergreifend die entschlossene Suche nach neuen metaphysischen Verständnismodellen forciert. Sie präsentiert sich einerseits als Rekonstruktion bzw. Modifikation klassischer Konzepte, integriert andererseits aber auch neue ontologische Modelle und berücksichtigt spezifisch neuzeitliche Probleme der Theologie, wie neben Beiträgen zur Frage der Psychologie Jesu vor allem analytische Varianten der Kenosischristologie bezeugen. An diesem Punkt berührt die analytische Diskussion unmittelbar aktuelle kontinentale Diskurse, die dasselbe Motiv im Ausgang von ganz anderen philosophischen Prämissen (Idealismus, Phänomenologie, Postmoderne) und theologischen Interessen stark machen.
Die Texte dieses Buches verstehen sich wie schon die Aufsätze des Trinitätsbandes als konkrete Beiträge zum Gespräch zwischen analytischem Denken und Entwürfen der Gegenwartstheologie, die sich anderen Traditionen verpflichtet wissen – ausdrücklich auch solchen, mit denen analytische Theologie eher selten im Dialog steht.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Herausgeber
S. 1–10
I. Gotteskonzept, Gottes Eigenschaften und die Inkarnation
Thomas Marschler
Die Unveränderlichkeit des Logos in der Inkarnation. Lösungsversuche aus der scholastischen Theologie der frühen Neuzeit
S. 11–42
Benjamin Dahlke
Theismus und Christologie. Zu einem spannungsreichen Verhältnis
S. 43–74
David Brown
Trinity, Incarnation, and Salvation. Church and Individual Response to Change
S. 75–98
II. Metaphysik und hypostatische Union
Thomas Schärtl
Metaphysische Modellierung der Hypostatischen Union. Eine Erprobung von Analogien
S. 99–130
Timothy Pawl
The Metaphysics of the Incarnation. Christ's Human Nature
S. 131–148
Oliver Crisp
Assuming Human Flesh
S. 149–162
Johannes Grössl
Die Sündlosigkeit Jesu als logische Herausforderung für die christliche Zweinaturenlehre
S. 163–196
III. Inkarnation, Leiblichkeit und Kosmos
René Dausner
Deus Homo. Dogmatische Reflexionen zum Inkarnationsgedanken in der phänomenologischen Tradition
S. 197–218
Erwin Dirscherl
Körper – Leib – Inkarnation. Der Leib als Präsenzraum des Menschen und des Wortes Gottes
S. 219–226
Uwe Meixner
Kenosis und Sophiologie. Sergej Bulgakows spekulative Theologie der Inkarnation
S. 227–252
Niels Henrik Gregersen
Deep Incarnation and Chalcedon. On the Enduring Legacy of the Cappadocian Concept of mixis
S. 253–288
Verzeichnis der Autoren
S. 289–290
Namensregister
S. 291–293