Die Frage nach der Vereinbarkeit der Existenz eines göttlichen Wesens, das allwissend, allmächtig und moralisch vollkommen ist (die Eigenschaften des sogenannten theistischen Gottes), mit der Existenz von Übeln beschäftigt die Philosophie (und dann auch die Theologie) seit der Antike. Theodizeentwürfe (in einem weiten Sinn) versuchen auf argumentative Weise die Rationalität des Glaubens an einen vollkommenen Schöpfer unserer unvollkommenen Welt zu verteidigen bzw. offen zu halten. Allerdings gilt in der zeitgenössischen Theologie, genauso wie in der Philosophie in „kontinentaler Tradition”, dieses Theodizeeprojekt fast ausnahmslos als kognitiv gescheitert, unmoralisch und religiös unangemessen. In deutlichem Kontrast dazu präsentiert sich die Lage innerhalb der „analytischen” Religionsphilosophie. In ihr kommt in einer lebhaften und umfangreichen Diskussion das Problem des Übels vor allem als kognitives Problem für den theistischen Gottesglauben in den Blick, insofern die Existenz von Übel in der Welt den Ausgangspunkt für theismuskritische Argumente bildet, auf die wiederum Gegenargumente oder Verteidigungen antworten.
Der Sammelband „Logische Brillanz – Ruchlose Denkungsart?” erschließt zum einen Standardpositionen und -diskussionen der analytischen Behandlung des Problems des Übels einem deutschsprachigen Publikum und vereinigt zum anderen in einem Buch VertreterInnen sowohl des (meistens analytisch) geprägten Theodizeeprojektes mit (meistens nichtanalytischen) Kritikern bzw. Alternativen. Er enthält neben Reflexionen auf Grundlagen und Voraussetzungen der gegenwärtigen analytischen Diskussion des Problems des Übels, aktuelle Positionen des „Theodizeeprojektes” in der analytischen Religionsphilosophie, alternative theoretische Antworten auf das Argument aus dem Übel und prinzipielle kritische Anfragen an das ganze Projekt einer Theodizee.
Über den Autor
Oliver Wiertz, geboren 1964, Studium der Philosophie und kath. Theologie in Frankfurt/Main (Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen, Goethe-Universität), München (Hochschule für Philosophie SJ), Oxford (Oriel-College), seit 2008 Professor für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt/Main
Inhaltsverzeichnis
Oliver J. Wiertz
Einleitung
S. 9–28
Oliver J. Wiertz
Das Problem des Übels in der analytischen Religionsphilosophie: Geschichtliche Stationen und Kritik
S. 29–104
Genia Schönbaumsfeld
Was ist eigentlich eine Theodizee?
S. 105–124
Richard Swinburne
Das Problem des Übels
S. 125–144
Klaus von Stosch
Stärken und Schwächen des Arguments von der Willensfreiheit im Kontext der Theodizee
S. 145–172
Holm Tetens
Theodizee und Erlösung
S. 173–196
Marco Benasso
Der skeptische Theimus – eine elegante Antwort auf ein vertracktes Problem?
S. 197–216
Enrico Grube
Das Argument von der Verborgenheit und die Transzendenz Gottes
S. 217–240
Elenore Stump
Versöhnung [atonement] und das Problem des Übels
S. 241–272
Marilyn McCord Adams
Mit dem Gott zurechtkommen, den wir haben
S. 273–298
Georg Gasser
Das Problem des Übels als ein Problem weltanschaulicher Auseinandersetzung
S. 299–328
Sebastian Gäb
Das Problem des Übels: Eine buddhistische Perspektive
S. 329–348
Thomas Schärtl / Andreas Reitinger
Das andere Absolute. Theodizee im Non-Standard-Theismus
S. 349–404
Tobias Müller
Das Problem des Übels. Zur Reichweite einer prozessphilosophischen Perspektive in der Theodizee
S. 405–426
Terrence Tilley
Theoretische und praktische Antworten auf das Problem des Übels. Die Entwicklung einer Perspektive
S. 427–450
Sami Pihlström
Der Pragmatismus und das Problem des Übels. Über William James' pragmatische Methode als ethische Grundlegung der Metaphysik
S. 451–494
Philip J. Rossi
Das Fortbestehen des Bösen in der Geschichte: Eine unabgeschlossene kantische Agenda
S. 495–522
Peter Jonkers
Religion als Grund des Übels
S. 523–554
John Cottingham
Übel verstehen. Analytische versus humane Perspektiven
S. 555–572
Klaus Vechtel
Leid und Übel in der ignatianischen Spiritualität
S. 573–592
AutorInnenverzeichnis
S. 593–594
Personenregister
S. 595–604