Der Jesuitenorden wurde 1814 von Papst Pius VII. wiederhergestellt, 41 Jahre nachdem ihn Clemens XIV. aufgehoben hatte. Das Ereignis warf im Moment keine hohen Wellen, prägte aber langfristig die Kirche tief. Zudem durchzogen Bemühungen um Erhaltung des jesuitischen Erbes und um einen Neuanfang die ganze Zeit seit der Aufhebung.
Im Sammelband Die Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu. Vorbereitung, Durchführung und Auswirkungen. Unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse im Wallis werden die Ergebnisse von zwei Tagungen veröffentlicht, die 2014 durchgeführt wurden. Eine vielfältige Autorenschaft zeichnet die Verhältnisse der europäischen Nationen nach, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Jesuiten den Aufbau neuer Niederlassungen ermöglichten. Besondere Berücksichtigung findet die Situation im Wallis zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wo sich bereits 1805 eine kleine Gemeinschaft von Professoren etablieren konnte, die Jesuiten sein wollten und damit zur Keimzelle des wiederentstehenden Ordens nördlich der Alpen wurden.
Die Forschung steht vor dem Problem, dass dieser Neubeginn unter den Jesuiten nie Gegenstand einer kollektiven Erinnerungskultur wurde. Auch in der nationalen Geschichtsschreibung, besonders in der schweizerischen, stehen die Zeiten der Revolutionen im ausgehenden 18. und in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Zentrum des Interesses, nicht aber Restauration und Regeneration. Viele der Artikel berühren bisher nicht beachtete Forschungsgegenstände und motivieren zu vertiefenden Studien nicht nur zum Jesuitenorden, sondern auch zur Geschichte der europäischen Nationalstaaten.
Über den Autor
Paul Oberholzer, geb. 1968, Studium der Theologie und Geschichte in Innsbruck, Rom und Freiburg (CH), Arbeit als Historiker im Amt für Kultur des Kantons St. Gallen und im Stiftsarchiv St. Gallen, 2001 Eintritt in den Jesuitenorden, 2005 Dissertation Vom Eigenkirchenwesen zum Patronatsrecht. Leutkirchen des Klosters St. Gallen im Früh- und Hochmittelalter an der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg, Archivar des Provinzarchivs der Schweizer Jesuiten, Zürich, 2008-2012 Mitarbeit am Institutum Historicum Societatis Iesu, Rom, 2017 Habilitation Studien zu den Anfängen der Alten und Neuen Gesellschaft Jesu an der theologischen Fakultät der Universität Freiburg, seit 2015 Lehrbeauftragter für mittelalterliche Geschichte an der Päpstlichen Universität Gregoriana, Rom.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
S. VII–X
Guido Vergauwen O.P., Rektor der Universität Freiburg
Grußwort
S. XI–XIV
Einleitende Reflexionen
Klaus Schatz S.J.
Alte und Neue Gesellschaft Jesu – Fortsetzung oder Neuanfang?
S. 3–16
René Roca
Politische Verhältnisse in der Eidgenossenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts – eine Standortbestimmung
S. 17–36
Anton Witwer S.J.
Die Spiritualität der Exerzitien und deren Apostolat von 1773 bis ca. 1820
S. 37–54
Initiativen zwischen den Fronten im Wallis im frühen 19. Jahrhundert
Bernhard Truffer
Politische Voraussetzungen im Wallis für den jesuitischen Neubeginn in Brig
S. 55–62
Bernhard Truffer
Bewohner der Bildungseinrichtungen der Jesuiten in Brig. Auszug aus den Akten der kantonalen Volkszählung vom Mai/Juni 1829
S. 63–70
Robert Danieluk S.J.
Die Jesuiten in Brig im frühen 19. Jahrhundert im Licht des Generalarchivs der Gesellschaft Jesu in Rom
S. 71–98
Eva Fontana Castelli
I Padri della Fede del collegio di Sion ed il loro ruolo nella restaurazione della Compagnia di Gesù
S. 99–118
Eva Fontana Castelli
Istruzione Secreta al P. Pietro Zinelli, 24 agosto 1805
S. 119–123
Eva Fontana Castelli
Istruzione ai Fr. Agostino Rosier e Giorgio Staudinger, 26 novembre 1805
S. 124
Eva Fontana Castelli
Istruzione al P. Sebastiano Schrankenmüller, 27 novembre 1805
S. 125–128
Marek Inglot S.J.
I Padri del Vallese e la Compagnia di Gesù nell'Impero russo
S. 129–142
Marek Inglot S.J.
Lettera di Tradeusz Brzozowski a Giuseppe Sineo della Torre, San Pietroburgo 10 maggio 1810
S. 143–144
Paul Oberholzer S.J.
Wann wurden die Väter des Glaubens Jesu von Sitten wirkliche Jesuiten?
S. 145–162
Paul Oberholzer S.J.
Akten und Korrespondenzen zur Berufung der Väter des Glaubens Jesu in den Walliser Archiven
S. 163–186
Nachwirken des alten Geistes vor dem Neubeginn
Fabian Fechner
Was kann Satire? Postfaktische Variationen am Beispiel eines fingierten Kriegsrechts für indigene Neophyten (1760–1912)
S. 187–206
Esther Schmid Heer
Anschreiben gegen den Verlust. Berichte deutschsprachiger Jesuitenmissionare nach der Vertreibung aus Südamerika
S. 207–224
Harm Klueting
«Wegen der nützlichen Verwendung der Ordens-Güter». Exjesuitengut im theresianisch-josephinischen Österreich und im kurkölnischen Herzogtum Westfalen
S. 225–240
David Aeby
Fribourg sans les Jésuites (1773–1818). L'administration des biens du collège
S. 241–256
Johanna Schmid
Abgeschiedenheit – Absicherung – Ablösung. Jesuiten in Maryland und Pennsylvania zwischen Aufhebung und Wiedererrichtung (1773–1814)
S. 257–278
Vorbereitungen auf die Wiederherstellung
Julius Oswald S.J.
Die Gesellschaft des heiligen Herzens Jesu und die Paccanaristen im Hochstift Augsburg
S. 279–296
Pierre-Antoine Fabre
De la Suppression à la Restauration de la Compagnie de Jésus: continuités et ruptures dans l'espace français
S. 297–314
Roberto Regoli
La Curia romana e la restaurazione della Compagnia di Gesù tra Roma, Vienna e Lucerna
S. 315–344
Neubeginn in verschiedenen Nationen
Volker Reinhardt
Italien 1814: Ein Überblick und vier Diagnosen
S. 345–362
Mariano Delgado
Die Jesuiten als Zankapfel zwischen den zwei Spanien. Zur Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu ab 1815 in Spanien
S. 363–376
Philippe Lécrivain S.J.
La formation des Jésuites en France entre 1814 et 1848. Un exemple de leur difficile rétablissement
S. 377–400
Wahrnehmung des wiedererstehenden Ordens
René Roca
Die Wahrnehmung des Jesuitentums in der Schweiz im frühen 19. Jahrhundert
S. 401–414
Frank Jehle
Der Schweizer Protestantismus und die Jesuiten im 19. und 20. Jahrhundert
S. 415–428
Adrian Loretan
Waren die Jesuiten «staatsgefährlich» (Art. 51 Abs. 2 BV 1874)? Von der kirchlichen Wiederherstellung bis zur staatlichen Vertreibung – ein staatskirchenrechtlicher Beitrag
S. 429–442
Franz Xaver Bischof
Die Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu im Urteil Ignaz Heinrich von Wessenbergs
S. 443–458
Auf dem Weg zu einer neuen Identität
Miguel Coll S.J.
Crisi e riaffermazione identitaria della Compagnia di Gesù dopo il ristabilimento. Le prime difficoltà della Congregazione Generale XX (1820)
S. 459–480
Marc Lindeijer S.J.
Verus Jesu socius. La ricerca del carisma della Compagnia di Gesù durante il soggiorno di Giovanni Roothaan a Briga (1820–1823)
S. 481–514
Georg Schmidt S.J.
Das Ordensrecht und die Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu
S. 515–524
Peter Henrici S.J.
Ein berühmter unbekannter Briger Jesuit: Joseph Kleutgen
S. 525–532
Urban Fink / Peter-Joseph de Preux
Der erste Alumne des neuen Germanicums als Speerspitze des Ultramontanismus in der Schweiz
S. 533–578
Die Gesellschaft Jesu als Kulturträgerin
Hitomi Omata Rappo
Le Japon mis en scene. Du Collegio Romano au collège Saint-Michel de Fribourg
S. 579–604
Ausblick in ein noch wenig erforschtes Gebiet
Franz Brendle
Selbstbehauptung, Überleben und Neuaufbruch unter osmanischer Herrschaft in Griechenland
S. 605–624
Erwähnte Jesuiten
S. 625–650
Abkürzungen
S. 651
Personenregister
S. 652–663
Ortsregister
S. 664–674
Sachregister
S. 675–678