Was ist zwischen Anfang und Ende des vierten Jahrhundert passiert, das die Laien dazu bewogen hat, sich so leidenschaftlich und so zahlreich an der ganzen Diskussionen über die zwei Naturen Christi, die Wesensgleichheit und die Gottheit des Sohnes bzw. des Geistes auch inhaltlich zu beteiligen? Angenommen, dass diese Beteiligung von den Bischöfen und anderen Theologen gewünschte und sogar unterstützt worden wäre, lässt sich diese Frage auch anders formulieren: Was haben die homoousianischen Theologen unternommen, um eine solche breite Unterstützung beim Volk für ihre Christologie zu gewinnen?
Mit dieser (und weiteren) Frage(n) beschäftigt sich dieser zweiter Band der Studie „Christologie und Kommunion. Im ersten Band wurde bereits gezeigt, wie diese Christologie entstanden ist und wie sie sich entwickelt hat. Hier stellen wir die Frage nach ihrer Verbreitung und Rezeption in der Liturgie der Kirche. Es sind hier insgesamt vier Bereichen des Gottesdienstes untersucht worden: Gebete, liturgische Formeln (Doxologien und Spendeformeln), Reden (Homilien, Katechesen u. a.) und schließlich Hymnen.
Es wurden dabei die Entwicklungen innerhalb der jeweiligen liturgischen Familien zu verschiedenen Zeiten betrachtet, sowie die Entwicklungen innerhalb der einzelnen Ländern bzw. Kirchenprovinzen. Diese Vorgehensweise ist begründet in der Annahme, dass es sowohl regionale als auch zeitliche Unterschiede in der Einführung der Christusanrede gegeben hat. Diese Methode, die im Band als ‚geographisch–komparative Methode‘ bezeichnet wurde, hat u.a. ermöglicht die spezifische Kontextualität und die Gemeinsamkeiten im Prozess der Einführung der homoousianischen Christologie in und durch die Liturgie wahrzunehmen.
Über den Autor
Dr. Vladimir Latinovic ist wissenschaftlicher Leiter des Projektes ‚Schatz des Orients‘ an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.